Anton Fercher und seine vielfältige Welt an Farben, Formen und Strukturen

Wenn 2021 die Original-Bilder des Adventkalenders an der Lienzer Liebburg versteigert werden, dann wird unter den Kunstwerken auch eines von Anton Fercher zu finden sein.

Bereits zum wiederholten Mal hat sich der Oberkärntner an der von Round Table 22 Lienz und Stadtgemeinde Lienz organisierten Aktion für den guten Zweck beteiligt. Heuer wurde mit seinem Bild „Im Land der Gletscher“ das erste Adventkalenderfenster geöffnet. Anton Fercher ist ein gebürtiger Mölltaler und in seiner Heimat tief verwurzelt. Gemeinsam mit seiner Frau Maria lebt der Vater zweier inzwischen erwachsener Kinder in Lainach – und hierher ist der Kunstschaffende nach Abschluss seines Studiums in der Bundeshauptstadt Wien vor vielen Jahren auch zurückgekehrt.

 

 

Ohne Zweifel weltoffen, tolerant und vielseitig interessiert, üben die heimischen Berge auf den studierten Historiker und Kunsterzieher mit Diplom für Malerei nach eigenen Angaben eine bis heute anhaltende Anziehungskraft aus. „Natürlich reise ich gern, besuche mit Begeisterung andere Länder und Städte und mache mir von den verschiedensten Landschaften ein Bild. Leben möchte ich aber hier in der heimischen Bergwelt. Das ist mein Zuhause und hier fühle ich mich wohl“, betont er.

 

 

Seinem Beruf als Kunsterzieher geht Toni, wie ihn seine Kollegen und Freunde nennen, am Gymnasium Lienz nach. „Seit 1983 unterrichte ich“, informiert der Pädagoge, der seine Arbeit, wenngleich auch oft herausfordernd und anstrengend, vor allem als Bereicherung definiert. „Ich bin mit Herz und Seele Lehrer. Mit jungen Menschen  arbeiten und sie für die Kunst begeistern zu können, ist einfach etwas sehr Schönes. Der Austausch mit den Jugendlichen hält mich beweglich und jung.“

 

 

Seinen Unterricht sieht er auch als eine Aufgabe und Verpflichtung, weiß er doch selbst aus eigener Erfahrung, welch großen Einfluss eine Lehrerpersönlichkeit auf einen Heranwachsenden haben kann. „Aus einer fünfköpfigen Familie stammend, war es in den 60er-Jahren für einen Bub aus dem Mölltal durchaus ungewöhnlich, das Gymnasium in Lienz zu besuchen. Unterstützt von meinen Eltern und Brüdern, wurde ich an der Schule insbesondere von meinem Kunsterzieher Prof. Hans Steininger sehr gefördert“, erinnert er sich an die prägenden Jahre in der Osttiroler Bezirkshauptstadt zurück.

 

Seit Sommer 2020 beschäftigt sich Toni Fercher wieder intensiver mit figürlichen Aquarellen. Ausgangspunkt der Bilder ist entweder ein reales Objekt oder eine reale menschliche Gestalt. Die objekthaften Arbeiten aus Sperrholz und das Malen mit Acryl erklärt der Künstler als eine Art „erträumte“ Situation, in der sich vor der Kulisse von erfundenen und realen Gebäuden Menschen treffen.

 

Bereits als Kind zeichnete Toni gerne und versuchte sich darin, Menschen zu porträtieren und ihre jeweiligen Charakteristika herauszuarbeiten. Der Wunsch, Kunst zu studieren, reift jedoch erst während der Schulzeit am Lienzer Gymnasium. Nach Matura und Zivildienst führte ihn sein Weg an die Akademie der Bildenden Künste in Wien. Als Schüler der Meisterklasse von Professor Anton Lehmden gehörten Michael Hedwig, Otmar Eder und Hannelore Nenning zu seinen Studienkollegen. Mit ihnen und den anderen Studenten pflegte er einen regen Austausch.

 

 

„Die Diskussion auch zu divergierenden Ansichten, der gemeinsame Besuch von Museen und Galerien und die Teilnahme an Ausstellungen im Rahmen der Akademie waren wichtige Faktoren in meiner künstlerischen Entwicklung.“ Von Professor Lehmden habe er, wie Toni meint, vor allem gelernt, wie man in einem Bild Tiefe und Raum erreicht. „Das Erzeugen einer Tiefenwirkung ist ganz besonders beim Zeichnen von Landschaften unverzichtbar“, hält der Kunstschaffende fest. Wesentlich mehr haben ihn nach seinen Angaben aber Künstler wie Paul Klee, Egon Schiele, Herbert Böckl oder Max Weiler beeinflusst. „Die Gratwanderung zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, wie sie etwa bei Klee und Schiele besonders ausgeprägt war, hat mich auf meinem eigenen Weg immer begleitet.“

 

 

Sein Kunstschaffen und die Entwicklung seines eigenen Stils beschreibt der Oberkärntner, der auf zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland vertreten war, als „meine ganz persönliche Interpretation dieser Gegenpole.“ Das spielerische Changieren zwischen reiner Abstraktion und Gegenständlichkeit reizt und fasziniert ihn bis heute, wenngleich sich sein Schaffen im Laufe der Jahre natürlich verändert hat. „Man könnte es als Weggehen von der
reinen Fläche zusammenfassen – und hinzugekommen ist das Objekthafte“, so Fercher.

 

 

Wenn es seine Tätigkeit als Lehrer zulässt und während der Sommerferien widmet er sich gerne größeren Werken auf Leinwand oder Holz, wobei er hier vor allem mit Acryl arbeitet. Am Abend nach einem langen Schultag und am Wochenende zwischen Familienzeit und Vorbereitung auf den Unterricht sind es vor allem kleinere Formate auf Papier, die den 64-Jährigen beschäftigen. „Auf Papier zu malen, hat viel mit Spontanität und mit dem Spielen mit dem kalkulierbaren Zufall zu tun. Meine bevorzugten Techniken dabei sind das Aquarell und Gouache.“

 

 

Im Laufe der Zeit hat sich, wie Toni betont, sein „Speicher“ im Kopf mit unglaublich vielen Farben, Formen und Strukturen gefüllt. „Mit diesem Reservoir von abgespeicherten Sinneseindrücken kann ich meine Landschaften frei und spielerisch komponieren.“ Im Mittelpunkt seines diesjährigen Beitrages für den Lienzer Adventkalender steht eine Landschaft, die von Bergen, Schnee, Eis, stürzenden Bächen und Rinnsalen dominiert wird. „Mit dem Thema der schwindenden Gletscher möchte ich auch auf die Klimaerwärmung und den verantwortungslosen Umgang der Menschheit mit der Natur hinweisen“, kommuniziert das Mitglied der „Nationalparkmaler“ seine Intention.

„Ich bin kein Großkampf-Grüner, aber die Art und Weise, wie wir Menschen unsere Natur zerstören, erschreckt mich zutiefst.“ Ende Oktober 2021 wird der Professor für Bildnerische Erziehung am Gymnasium Lienz seinen wohlverdienten Ruhestand antreten. Darauf freut er sich sehr. „Ich werde dann viel mehr Zeit für Reisen mit meiner Frau und für unsere Kinder haben und beispielsweise auch die Premierenauftritte unserer Tochter an der Staatsoperette in Dresden live erleben können – und nicht zuletzt die Freiheit genießen, mich meiner Kunst viel intensiver als heute zu widmen!“

 

Text: E. & J. Hilgartner, Fotos: Martin Lugger

22. Dezember 2020 um