Drive-in-Screening-Station in Lienz: Änderungen in Ablauf und Logistik

Seit 31.3. kommen beim Screening-Stützpunkt einige ergänzende Maßnahmen zur Umsetzung. Dr. Franz Krösslhuber nimmt dazu und zur aktuellen Situation Stellung.

Wie man von Seiten des Roten Kreuzes Osttirol heute informiert, ist die vom Land Tirol neu zugeteilte Schutzausrüstung eingetroffen. Während im vergangenen Monat es bis zu fünf Ärzte waren, die sich den sehr verantwortungsvollen Dienst an der „Drive-in-Station“ teilten, so sollen es nun im April bis zu acht Ärzte sein. Im Vorfeld eines Screenings wird zunächst immer festgestellt, ob man ein „Proband“ ist. D.h. man muss zuerst den Fragebogen unter corona.leitstelle.tirol ausfüllen. Liegt ein Verdacht für eine Infizierung vor, sollte man die Gesundheitshotline 1450 anrufen. Dort erhält man einen Nummerncode, den Tag der Testung (jeweils ab 17.00 Uhr) und weitere, notwendige Erklärungen. An der Screening-Station postierte Einsatzkräfte geben weitere Anweisungen. In Osttirol sind dies übrigens Mitglieder verschiedener Blaulichtorganisationen, wie z.B. jene des Roten Kreuzes Osttirol oder der Freiwilligen Feuerwehr Gaimberg. Sie sorgen für das richtige Timing und einen korrekten Ablauf an der Screening-Station. Wie der chronologische Ablauf einer Testung erfolgt bzw. welche Erfordernisse bestehen, ob und wann jemand getestet werden soll – dies erklärt im Folgenden Dr. Franz Krösslhuber, der Teamleiter der „Corona-Abstriche“ im Bezirk Lienz.

 

Rotkreuz-Arzt Dr. Franz Krösslhuber im Interview

Wie kann man sich den aktuellen Ablauf vorstellen? Wie viele Personen sind im Screening-Team tätig und welche Herausforderungen sind zu bewältigen?

Nach ihrer Anmeldung bei 1450 erhalten die Probanden einen Zeitpunkt, zu dem sie sich pünktlich am Zettersfeldparkplatz einfinden müssen; auf der Fahrt zum Screening müssen sie eine Mund-Nasen-Schutz-Maske tragen, und kurz vor Ankunft am Parkplatz das Fahrzeuginnere gut durchlüften (alle Fenster öffnen). Dann fahren die Probanden bis zum Eingang der Talstation vor, erhalten dort die sie betreffenden Informationen und es wird der Rachenabstrich abgenommen. Dabei streicht der Arzt unter drehenden Bewegungen einen Watteträger mit leichtem Druck über die Rachenhinterwand, was zwar nicht angenehm ist, aber nur ganz kurz dauert. Ein Würgereiz tritt dabei häufig, gelegentlich auch Hustenreiz auf. Letzterer sollte nach Möglichkeit unterdrückt werden, solange das Fenster noch offen ist. Anschließend fährt der Proband wieder weg und wartet, bis er in der Regel am übernächsten Tag telefonisch vom Ergebnis informiert und über weitere Maßnahmen unterrichtet wird. Wichtig ist diesbezüglich, dass man nicht selbstständig anruft, sondern auf das Ergebnis wartet, da ansonsten unsere Telefonkapazitäten überlastet werden.
Die Belastungen für das Team sind überschaubar. Obwohl wir durch den recht nahen Kontakt mit Verdachtsfällen einem deutlich erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt sind, können wir durch konsequentes Tragen der PSA dieses Risiko signifikant reduzieren. Wir halten das Abstrichteam bewusst auch sehr klein und überschaubar. Zudem kontrollieren wir uns selbst regelmäßig mit Rachenabstrichen, um die Probanden keinem Ansteckungsrisiko auszusetzen.

Wie erfolgt die Rückmeldung an die Getesteten?

Den getesteten Personen wird das Ergebnis des Abstrichs nach etwa zwei Tagen telefonisch durch die Behörde mitgeteilt, wobei jedem bewusst sein muss, dass ein Abstrich eine Momentaufnahme ist und ein negatives Ergebnis nur aussagt, dass am betreffenden Tag keine Viren im Rachen zu finden waren. Dies kann sich im Laufe der Erkrankung aber von Tag zu Tag ändern. Die Tests sind zwar vergleichsweise verlässlich, aber beim Menschen und in der Medizin ist nichts 100% sicher. Daraus ergibt sich, dass man bei entsprechenden Krankheitszeichen wie Fieber, trockenem Husten und vor allem Atemnot trotz negativem Test von einer COVID-19 Erkrankung ausgehen muss und in diesem Fall als COVID-19 Verdachtsfall gilt.

Auf welche Material-Reserven können Sie zurückgreifen?

Wir selbst halten eigene Reserven bewusst klein. Wir hamstern nicht, um möglichst vielen die Gelegenheit zu geben, zu testen, sich zu schützen und bestmögliche Medizin betreiben zu können. In dieser Krise darf niemand ein Egoist sein! Wir müssen uns alle als große, sich gegenseitig unterstützende Gemeinschaft sehen!

Welchen Sinn machen zusätzliche Tests, z.B. auf Antikörper?

Unterschiedliche Tests decken unterschiedliche Bereiche ab. Der derzeit verwendete, sogenannte „PCR-Test“ erfasst Viren im Rachenbereich, die Auswertung im Labor dauert hier vier bis sechs Stunden. Hinzu kommen natürlich noch logistische Zeitfaktoren (Transporte, Verwaltung, Telefonate mit Betroffenen etc.). Schnelltests haben eine unterschiedliche Qualität (die besten sind bereits ausverkauft) und dauern 15-20 Minuten. Sie weisen nicht das Virus selbst nach, sondern die Antikörper, die der Mensch gegen das Virus bildet. Diese Tests sind geeignet für epidemiologische Fragen, aber weniger verlässlich, da sie vermutlich auch andere (harmlose) Coronainfektionen außer SARS-CoV-2 erfassen. D.h. man kann derzeit nicht immer sicher sagen, ob jemand an COVID-19 erkrankt ist oder ob er/sie eine andere Coronainfektion hatte. Serologische Tests weisen ebenfalls Antikörper nach, die je nach Antikörperklasse erst im Verlauf der Erkrankung etwa nach 5 bis 6 Tagen auftauchen. D.h. man weiß erst relativ spät im Verlauf einer COVID-19 Erkrankung, ob es diese Erkrankung ist. Der Vorteil liegt darin, dass es nicht nur eine Momentaufnahme ist und man vor allem sagen kann, ob jemand COVID-19 schon durchgemacht hat und immun dagegen ist.

Wie ist Ihre ganz persönliche Einschätzung der aktuellen Situation?

Persönlich glaube ich, das Corona-Virus wird uns länger beschäftigen und einschränken, als wir derzeit vermuten. Ich hoffe und erwarte, dass es uns in Österreich deutlich weniger schwer trifft als manch andere Länder. Dies aber nur, wenn wir alle geduldig bleiben und konsequent unser Verhalten – wenig bis keine sozialen Kontakte, Distanz halten, Händewaschen, Hände weg vom Gesicht, Lüften, auch die richtige Maskennutzung – beibehalten. Zudem bin ich ein Anhänger des intelligenten Testens, d.h. man sollte nicht generell alle testen. Dazu haben wir auch nicht die Kapazitäten. Vielmehr sollte man großzügig Kontaktpersonen, Kranke, Risikopersonen und Menschen mit notwendigerweise weiterhin vermehrten face-to-face-Kontakten, wie Verkäuferinnen, Gesundheitspersonal (von der Ordination bis zum Sozialsprengel), Polizisten und andere ähnlich exponierte Personen testen.

 

Zur Information:

Wenn es auch in Ihrer Umgebung einen vermeintlichen Verdachtsfall gibt, bitte den Fragebogen auf corona.leitstelle.tirol ausfüllen. Dort erfolgen dann weitere Anweisungen. Es ist nicht möglich, das Screening-Team direkt zu alarmieren. Menschen, die beruflich viele Kontakte mit anderen Menschen haben (Verkäuferinnen, Gesundheitspersonal, Polizisten, usw.) sollten sich großzügig testen lassen. Dies trifft auch auf erkrankte Familienmitglieder dieser Berufsgruppen zu. Hier ist meist die Anmeldung über die Hausärzte der raschere Weg.

 

Text:Gesundheitsredaktion, Foto: RK Osttirol/Erlacher

02. April 2020 um