Tablet, Roboter & Co: Von der digitalen Zukunft in der Osttiroler Landwirtschaft

Auch in Osttirol rüsten moderne Bauern auf – die Digitalisierung ermöglicht effizienteres Arbeiten, erhöht die Wertschöpfung und dient dem Tierwohl und Umweltschutz.

Smartphones, Automaten, Roboter – die Talboden-Landwirte Thomas Totschnig und Hans Gumpitsch zeigten uns ihre Höfe und erzählten uns, wie sie die digitale High-Tech für ihre Betriebe nutzen. Ob Melken, Füttern oder das Ausbringen von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln – immer mehr Arbeiten werden auch in der heimischen Landwirtschaft von digitaler High-Tech geprägt. Dies wird auch bei unserem Besuch bei Thomas Totschnig auf dem „Brunnerhof” mitten im Dorfzentrum von Tristach deutlich. Mit seiner Frau Birgit und den Kindern Monique, Estelle, Adrian und Enya führt der Osttiroler hier einen Milchvieh-Zuchtbetrieb. „Derzeit stehen 36 Kühe in unserem Stall. Hinzu kommen etwa gleich viele Jungtiere, wobei einige Kalbinnen bei meinem Schwiegervater in Maria Luggau untergebracht sind. Die auf unserem Hof bevorzugte Rasse ist Holstein-Friesian”, informiert der 45-Jährige.

 

Die Begeisterung für die Landwirtschaft hat auch schon die Kinder des Brunnerhofes erfasst – vor allem Monique. „Ich füttere gerne die Kälber und gehe oft mit ihnen spazieren. Dadurch lernt man die Tiere besonders gut kennen”, schwärmt die älteste Tochter von Birgit und Thomas Totschnig.

 

Den Betrieb hat er vor rund 15 Jahren von seinem Vater übernommen und diesen in der Folge ständig umgebaut und erweitert. „Das Tierwohl steht bei uns an oberster Stelle. Damit steht und fällt auch die Wirtschaftlichkeit. Die technische Digitalisierung erleichtert nicht nur die Arbeit, sondern trägt auch zu diesem Tierwohl und zur Tiergesundheit bei”, sagt der Nebenerwerbsbauer, der hauptberuflich als Amtsleiter der Gemeinde Amlach tätig ist.

 

 

Stall-Net und Kühe mit Transpondern

Der Brunnerhof verfügt über einen topmodernen Melkstand und über einen Roboter, der das Grundfutter komplett autonom zum Fressgitter schiebt und die Tiere mit Kraftfutter zum Fressen animiert. Über das Stall-Net werden die Geräte gesteuert. Jede Kuh trägt ein Halsband – einen so genannten Transponder. Alle hier gespeicherten Daten und Werte kann Thomas über sein Smartphone abfragen. Als Beispiel zeigt er das auf seinem Handy ersichtliche Datenblatt von Kuh „Gitti”. „Gitti hat am 8.12.2018 gekälbert, seit 53 Tagen gibt sie Milch. Uns ist wichtig, dass jede Kuh einen Namen hat und dass wir zwei Mal am Tag – also beim Melken am frühen Morgen und abends – direkt bei den Tieren sind”, betont der Landwirt. Beim Melken hilft auch seine Frau Birgit mit, eine gelernte Krankenschwester, die, wie er selbst, die Ausbildung zum Landwirtschafts-Meister absolviert hat.

 

Thomas Totschnig: „Die technische Digitalisierung erleichtert nicht nur die Arbeit, sondern trägt auch zum Tierwohl und zur Tiergesundheit bei. Wichtig ist uns der täglich mehrmalige direkte Kontakt mit den Tieren.”

 

„Die neueste Sensortechnik misst bei jedem Tier auch die Fressdauer und die Wiederkauzeit. Durch Bewegungssensoren wird festgestellt, wann eine Kuh brünstig ist. So kann man den idealen Besamungszeitpunkt eruieren. Praktisch ist weiters auch, dass man anhand einer Farbskala ersehen kann, wenn ein Tier zu wenig frisst. So ist es möglich, frühzeitig festzustellen, ob etwas nicht in Ordnung ist und man kann dementsprechend reagieren.“

Melken, Füttern und Gesundheitsmonitoring mit High-Tech

Das Grundfutter (Mais- und Grassilage sowie Heu) wird im Stall per Hoflader verteilt, ein Automat teilt den einzelnen Rindern das Kraftfutter, jeweils individuell auf die Milchleistung abgestimmt, zu. „Hier ist ersichtlich, dass diese Kuh 7,4 kg Kraftfutter pro Tag erhält, weil sie 55 Liter Milch gibt. Heute bekommt sie noch einen Rest an Kraftfutter von 1,9 kg zugeteilt”, verweist Thomas erneut auf die Werte auf seinem Handy. Die weiblichen Kälber werden automatisch getränkt, die Stierkälber erhalten Vollmilch aus Kübeln. Rund 1.200 Liter Milch geben die Kühe vom „Brunnerhof” täglich. Über eine automatische Türsteuerung gelangen die Tiere in den so genannten 5er-Autotandem-Melkstand. „Meine Frau oder ich reinigen zunächst die Euter und hängen dann das Melkzeug an. Ein Melkvorgang dauert zwischen drei und acht Minuten. Der direkte Kontakt und das Berühren der Tiere beim Melken sind uns dabei wichtig.“

 

Birgit Totschnig bedient die „Kälbermama”.

 

Die Milchproduktivität seiner Herde konnte der Tristacher Milchbauer in den letzten zwei Jahrzehnten verzehnfachen. „Natürlich bringen die Automatisierung und Digitalisierung auch eine Arbeitsersparnis mit sich, was für mich als Nebenerwerbsbauer eine Rolle spielt. Der größte Vorteil ist aber, dass wir mithilfe der modernen Technik das Tierwohl und die Tiergesundheit im Griff haben. Dies erreichen wir durch die gezielte, individuelle Fütterung und das Gesundheitsmonitoring über Halsband und  Handyabfrage. Wenn etwas nicht in Ordnung ist, erhält die betroffene Kuh z.B. etwas mehr Futter oder ein Spezialfutter, um sie zu animieren, wieder mehr zu fressen.”

 

Hans Gumpitschs Traktoren fahren vollautomatisch in der Spur. Saatgut, Düngung und Pflanzenschutz können mit Unterstützung von High-Tech zielgerichtet ausgebracht werden. Foto: Martin Lugger

 

„Precision of farming” am „Stadtlerhof” und im Unternehmen von Hans Gumpitsch

Das Potenzial der Digitalisierung seiner Betriebe und des Einsatzes intelligenter Technologien in der Landwirtschaft hat auch Hans Gumpitsch längst erkannt. Am „Stadtlerhof” im Dölsacher Ortsteil Stribach widmet er sich gemeinsam mit seiner Familie der Milchwirtschaft und Rinderzucht, der Rindermast sowie dem Pflanzenbau. In seinem Unternehmen „Gumpi-Team” arbeiten seine beiden Söhne mit. Über 250 landwirtschaftliche Betriebe in Osttirol, Kärnten und Südtirol werden über das Agrarservice betreut. „Säen, Ernten und Ballenpressen gehören zu den Aufgaben, die wir für landwirtschaftliche Betriebe übernehmen. Hinzu kommen der Winter- und Straßendienst im Rahmen unseres Kommunalservice. Wir wickeln Baustellen-, Sonder- und Biomassetransporte ab und erledigen auch die Kompostierung für Gemeinden und Institutionen“, fasst Hans das umfangreiche Dienstleistungsangebot seiner Firma zusammen.

 

Hans Gumpitsch: „Durch den Einsatz moderner Technologien ist auch in der konventionellen Landwirtschaft ein hohes Maß an Ökologisierung garantiert.” Foto: Martin Lugger

 

„Precision of farming“ ist ein englischsprachiger Begriff für die effiziente und zielgerichtete Bewirtschaftung von Äckern und Feldern mit Unterstützung von High-Tech. „Die Traktoren fahren vollautomatisch in der Spur, die Abweichung beträgt maximal 2,5 cm. Überlappungen und Aussparungen bei Saatgutausgabe, Düngung und Pflanzenschutz können so vermieden werden. Daraus ergibt sich ein gewisses Einsparungspotenzial. Der größte Vorteil ist allerdings der aktive Umweltschutz. Auch bei konventionellem Landbau, wie wir ihn auf unserem Hof betreiben, ist durch diese Maschinen ein hohes Maß an Ökologisierung garantiert“, hält der Dölsacher Bauer und Unternehmer fest.

 

Hans Gumpitsch: „In unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft können durch Automation und Digitalisierung fehlende Arbeitskräfte ergänzt werden.” Foto: Martin Lugger

 

Durch die zielgerichtete Ausgabe von Saatgut und Pflanzenschutz werden den Unkräutern wenig Raum zur Entwicklung gegeben. „Der Traktor findet automatisch die Fahrgasse, das Reversieren am Feldende fällt weg. So wird der Boden weniger belastet. Durch den digitalen Einsatz von Maschinen ergibt sich ein Einsparungspotenzial an Pflanzenschutzmitteln von bis zu 75 Prozent in fünf bis sieben Jahren”, schwärmt Hans von seinem modernen Maschinenpark. Die Zukunft sei, wie er weiter meint, eine Unkrautspritze mit Fotozellentechnik. „Die Spritze erkennt, was wo wächst und unterscheidet zwischen Nutzpflanzen und Unkraut. So kann das Mittel entsprechend dosiert werden.”

Aktiver Umweltschutz durch High-Tech-Maschinen

Weit fortgeschritten ist auch die Vernetzung der Maschinen des Gumpi-Teams. „Der Mähdrescher zeichnet z.B. bei der Ernte auf einer so genannten Feldkarte auf, wie hoch der Ertrag auf den einzelnen Abschnitten ist. Beim nächsten Anbau kann dann die Düngung dementsprechend ausgebracht werden. Die Landwirtschaft in Zentraleuropa befindet sich diesbezüglich bereits auf einem sehr hohen Level. Dabei geht es weniger um die Kosten, als vielmehr um den aktiven Umweltschutz“, so der Dölsacher.

 

Hans Gumpitsch: „Die Digitalisierung sehe ich für die Bereiche, für die ich Verantwortung trage, als durchaus positiv.” Foto: Martin Lugger

 

Die fortschreitende Digitalisierung in der Landwirtschaft sieht er als durchaus positive Entwicklung. „Der Kartoffelkäfer wird z.B. in Zukunft durch diese High-Tech mechanisch bekämpft werden können. Damit wird auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert, was in der Folge nicht nur dazu beiträgt, dass unsere Umwelt weniger belastet wird, sondern dass auch die Qualität der Lebensmittel steigt.” Ob Mais, Gras, Hanf, Raps, Mohn oder verschiedene Getreidesorten – die beiden digital vernetzten „Aerosem”-Sämaschinen hat Hans Gumpitsch nicht nur auf seinem Hof, sondern bei bis zu 250 Kunden in Osttirol, Kärnten und Südtirol im Einsatz. Die abschließende Frage, wie er die viel  diskutierte Arbeitsplatzvernichtung durch die fortschreitende Digitalisierung sieht, beantwortet er so: „Ich beobachte, dass durch die Automation und Digitalisierung fehlende Arbeitskräfte ergänzt werden können. Dies gilt für die kleinstrukturierte Landwirtschaft, wie sie bei uns gang und gäbe ist. Die Digitalisierung sehe ich dementsprechend für die Bereiche, für die ich Verantwortung trage, als durchaus positiv!“

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Adobe Stock/sodawhiskey, Osttirol heute, Martin Lugger

07. März 2019 um