Stefanie Forstlechner: Die Frau vom Dach

Stefanie Forstlechner aus Matrei ist Osttirols erste weibliche Rauchfangkehrerin. Ihr Vater führt bereits in sechster Generation einen Rauchfangkehrer-Betrieb im Iseltal.

In vielen Köpfen ist noch das alte Bild vom starken Mann auf dem Dach verankert, der Kaminschlote oder Schornsteine in dunkel angerußter Kluft mit seinem Drahtbesen reinigt. Die Rede ist vom Rauchfangkehrer. In den letzten 20 Jahren hat sich aber in diesem traditionsreichen Gewerbe einiges geändert. Es ist technisch vielfältiger geworden – und auch Frauen erobern das über Jahrhunderte herauf geprägte Berufsbild. „Schon früh nahm mich mein Vater zu Kunden mit und das, was er tat, gefiel mir sehr. So blieb es nicht lange dabei, dass ich nur auf Bäume oder Mauern kletterte“, erinnert sich die heute 21-jährige Stefanie Forstlechner, Osttirols erste weibliche Rauchfangkehrerin, lachend zurück. Nach der Schulzeit verfolgte die Matreierin zunächst andere berufliche Pläne. Sie begann eine Lehre als Ofensetzerin. Diese brach sie aber ab und wechselte schließlich in den väterlichen Betrieb über, um hier für drei lange Jahre das Handwerk eines Rauchfangkehrers von der Pike auf zu erlernen.

„Im Vergleich zu früheren Zeiten hat sich der Beruf sehr verändert. Die Arbeit ist heute, allein durch den Einsatz von Staubsaugern, wesentlich angenehmer auszuführen, als dies noch in Zeiten von Kehrblech & Besen der Fall war. Andererseits sind die Anforderungen stark gestiegen: Als RauchfangkehrerIn muss man heute über ein umfangreiches Wissen verfügen. Dazu gehört das  entsprechende Know-how über die z.T. computergestützten Heizanlagen ebenso wie Kenntnisse hinsichtlich gesetzlicher Vorschriften, z.B. im Bereich Umweltbelastung“, sagt sie.

Mittlerweile ist Stefanie nicht mehr die einzige weibliche Rauchfangkehrerin im Bezirk. Unter den männlichen Kollegen seien Frauen inzwischen akzeptiert. „Schon während meiner Ausbildung habe ich keine Berührungsängste oder Vorbehalte feststellen können.“ Etwas komplexer sei die Situation im Umgang mit Kunden. Besonders manche älteren Männer würden einer Frau die Arbeit eines Rauchfangkehrers nicht zutrauen. Pauschalisieren könne man das aber nicht, ergänzt sie. Fragt man die junge Matreierin, ob sie selbst Unterschiede zwischen der Arbeitsweise eines männlichen oder eines weiblichen Rauchfangkehrers bemerke, beantwortet sie dies nach einem kurzen Grübeln so: „Wenn es nach den Aussagen der Kunden geht, arbeite ich wohl etwas sauberer und ordentlicher als männliche Kollegen. Andererseits tun sich Männer bei schweren körperlichen Arbeiten wie beim Aufstellen großer Leitern aus Eisen oder massivem Holz etwas leichter. Insgesamt halten sich, wie ich glaube, aber Vor- und Nachteile die Waage.“

Der Beruf des Rauchfangkehrers beinhaltet, wie Stefanie betont, sehr viel Verantwortung. Neben dem Reinigen des Kamins und der gesetzlich vorgeschriebenen Hauptüberprüfung der Heizanlage ist auch eine ausführliche Begutachtung vorgesehen, um mögliche Brandursachen bzw. -gefahren frühzeitig erkennen und ausschalten zu können. „Zu meinem Berufsverständnis gehört es, die Kunden auch darauf hinzuweisen, wenn z.B. die Bedachung schadhaft ist. Manchmal tausche ich auch einzelne kaputte Dachfliesen aus, wenn diese vorrätig sind“, sagt sie. Ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit sei natürlich die Sicherheit. Oft werde auf dem Dach ohne Sicherung gearbeitet. Außerdem müsse man auf Gefahrenquellen wie Schnee und Eis, feuchte Holzschindeln oder nasse, glatte Dachfliesen achten. „Die größte Tücke liegt in der Routine. Man darf nie nachlässig werden, auch wenn das handwerkliche Können längst sitzt.“ Ein logisches No-Go sei es, wenn ein Rauchfangkehrer an Höhenangst oder Schwindel leide. „Dann sollte man den Job wechseln!“

Stefanie Forstlechner ist sich sicher, dass ihr Handwerk auch in Zukunft gefragt sein wird. „So lange es Häuser gibt und diese gebaut werden, ist ein Rauchfangkehrer unverzichtbar. Ich persönlich kann nur allen interessierten Mädchen und jungen Frauen empfehlen, sich selbst einen Eindruck von diesem Beruf zu verschaffen. Ein Schuss Mut und viel Einsatz ist nötig, dann steht einem die Tür zu einer sehr interessanten und vielseitigen Arbeit offen!“

Text: Jan Schäfer, Fotos: Brunner Images, Fotolia.com/Marina Lohrbach

13. Mai 2017 um