Die Vision von der „Kunst als Lebensgrundlage“

Wir sprachen mit den drei Iseltaler Künstlern Michael Lang, Gerold Leitner und Othmar Trost über die Steinbildhauerwerkstatt in Virgen und über weitere geplante Projekte.

Alle drei leben von der Kunst – „so recht und schlecht“, wie sie sagen – und arbeiten in ihren eigenen Ateliers: die beiden Bildhauer Gerold Leitner aus Prägraten und Michael Lang aus Virgen sowie der Matreier Maler Othmar Trost. „Im hinteren Iseltal lässt sich schon seit jeher ein hohes künstlerisches Potenzial feststellen. Allerdings zählt unsere Region auch zu jenen, die aufgrund fehlender Arbeitsplätze besonders hohe Pendlerzahlen aufweisen. Unsere Vision ist es deshalb, über und mit der Kunst eine Lebensgrundlage zu schaffen. Aus diesem Grund haben wir vor Kurzem den Verein ‚Art Osttirol‘ ins Leben gerufen. Als erste Maßnahme wollen wir auf dem ehemaligen Sägewerksareal an der Isel eine Steinbildhauerwerkstatt errichten“, erzählt uns Michael Lang beim Besuch in seinem Atelier in Virgen-Mitteldorf. Auf die jahrhundertelange Tradition von Handwerk und Bildhauerei im Virgental verweist auch der Prägratner Bildhauer Gerold Leitner. „Mit Gottfried Fuetsch, Alois Lang, Prof. Josef Troyer, Adrian Egger, Johann Dorer, Josef Gasser – er wurde 1879 als Ritter von Valhorn in den Ritterstand erhoben – oder auch Virgil Rainer hat es im hinteren Iseltal schon immer eine auffallende Dichte an Bildhauern gegeben. In neuerer Zeit besuchen viele junge Talente die Fachschule für Kunsthandwerk in Elbigenalp oder die Fachschule für Steinbearbeitung in Laas/Südtirol“, so der Elbigenalp-Absolvent. „Der Virger Bildhauer Michael Fuetsch unterrichtet derzeit an der Steinmetzschule in Hallein, und mit Chiara Berger besucht auch eine junge Frau die Schule in Elbigenalp.“

Gerold Leitner:

Gerold Leitner: „Wir können und wollen Denkanstöße geben, verschiedene Entwicklungen auch einmal aus einer etwas anderen Perspektive zu sehen.“

Der Matreier Maler Othmar Trost hat sich u.a. an der Akademie Faber-Castell in Nürnberg und an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Prof. Gunter Damisch weitergebildet. Auch er bestätigt die Affinität von Künstlern zum hinteren Iseltal: „In Matrei haben z.B. die Maler Franz Walchegger und Franz Eichhorst lange Zeit gelebt und gearbeitet. Ich denke, dass bei der Entstehung ihrer einzigartigen und heute von der Kunstwelt hochgelobten Werke auch die wunderschöne Bergwelt und der besondere Menschenschlag, der unsere Region prägt, eine Rolle gespielt haben dürften.“ Auf den Zusammenhang zwischen Mensch und Natur verweist auch Michael Lang, der meint, dass gerade in engen Tälern `querdenkende` Menschen versuchen, sich über ihre eigene Kreativität auszudrücken. „Vielleicht gab und gibt es deshalb in unserer Berggegend immer schon so viele Künstler!“ „Aufgrund des hochalpinen Klimas und der immer wieder eintretenden Naturereignisse im Hochgebirge waren die Iseltaler immer schon gefordert, härter und zielstrebiger zu arbeiten“, stellt Gerold Leitner fest, der sich nach eigenen Angaben in Prägraten, wo er aufgewachsen ist, „rundum wohl“ fühlt. Das karge Leben in früherer Zeit habe die Menschen hier auch zusammengeschweißt. „Im Herbst und Winter, wenn es auf Hof und Feld nicht mehr so viel Arbeit gab, wurde das Gemeinschaftsleben gepflegt. Man musizierte oder spielte Theater. Außerdem fand sich auch die Zeit, sich z.B. im Schnitzen zu versuchen.“

Saegewerk

Alle drei Künstler arbeiten im eigenen Atelier frei oder an Auftragsarbeiten und präsentieren ihre Werke im Rahmen verschiedenster Ausstellungen. Michael und Gerold haben zuletzt im Russischen Kulturinstitut in Wien und im Hotel Klosterbräu in Seefeld ausgestellt, Othmar Trosts Werke waren im „Haus der Kunst“ in Baden bei Wien zu sehen. Was alle drei eint, ist, dass sie sich mehr Raum für
ihr Schaffen wünschen. „Die Steinbildhauerwerkstatt an der Isel wäre ein idealer Ort, an unseren Objekten zu arbeiten. Ich sehe die geplante Einrichtung als ein Atelier und gleichzeitig als Galerie mitten in der Natur“, philosophiert Michael Lang. Gerold Leitner möchte Einheimische und
Touristen dazu animieren, den Künstlern in der Werkstätte während der Arbeit über die Schulter zu schauen. „Ich könnte mir auch sehr gut vorstellen, dass Interessierte dabei sind, wenn ein Bild entsteht. Meine Bilder umfassen teilweise eine Fläche von 10 Quadratmetern und mehr. Auch deshalb wäre ein großer Raum ideal“, wirft Othmar Trost ein.

Michael Lang: „

Michael Lang: „Am Gletscherfluss Isel könnte neben der beeindruckenden Naturlandschaft auch die Kunst zur Kulisse werden und ein faszinierender Erlebnisraum – besonders auch für Touristen – entstehen.“

Die Idee, am umliegenden Areal an der Isel einen Skulpturenpark zu installieren und die hier gezeigte Kunst mit Konzerten und Performances aller Art zu verbinden, stammt von Michael Lang. „Die Steinbildhauerwerkstatt ist nur als Startschuss für unser Vorhaben zu sehen, das künstlerische Potenzial im hinteren Iseltal auch für sich daraus ergebende Synergien zu nutzen“, betont er. Zusätzlich zum bereits bestehenden Projekt „Wege der Sinne“, das Michael Lang leitet, sollen die Steinbildhauerwerkstätte und der Skulpturenpark auch den Tourismus im Tal beleben. Am Gletscherfluss Isel, so die Vision, könnte neben der Naturlandschaft auch die Kunst zur Kulisse
werden und ein faszinierender Erlebnisraum entstehen. „Ich denke, wir Künstler tragen auch eine Verantwortung dafür, Entwicklungen aufzuzeigen, die in Gesellschaft und Politik nicht immer in die richtige Richtung weisen“, sieht Michael Lang abschließend seine Aufgabe keineswegs nur darin, Kunst zu schaffen und Projekte zu entwickeln. Und Gerold Leitner ergänzt: „Wir können und wollen Denkanstöße dazu geben, verschiedene Entwicklungen auch einmal aus einer etwas anderen Perspektive zu sehen.“

skulpturenpark

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol Journal/Hotzler, Visualisierungen: Lang

07. Februar 2016 um