Auf der Pirsch: Osttiroler Jägerschaft erwartet gutes Jagdjahr 2020/2021

Die Wiederaufforstung nach Sturm, Starkschneefällen und Windwürfen stellt die Osttiroler Jäger vor große Herausforderungen, sagt Bezirksjägermeister Hans Winkler.

Seit April 2019 ist der Dölsacher Hans Winkler Osttiroler Bezirksjägermeister. „Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, und dadurch hat man natürlich schon als Kind einen besonderen Bezug zur Natur – vor allem zu den Tieren. Als Jugendliche sind wir oft mit unserem Nachbarn, einem leidenschaftlichen Jäger, mit auf die Pirsch gegangen“, erzählt er von den Anfängen seiner Begeisterung für die Jagd. Wichtig sei ihm, dass die Jagd nicht als Hobby gesehen wird. „Dieses Image wollen wir korrigieren, weil es schlichtweg falsch ist. Die Jagd bedeutet vor allem Verpflichtung und Verantwortung. Es braucht insbesondere auch Geduld. So sind etwa 20 Pirschgänge bis zur Erlegung eines Tieres notwendig. Das Erlegen des Wildes steht dabei keineswegs im Vordergrund“, betont der Bezirksjägermeister.

Hineinfühlen und Hineinhorchen in die Natur – das macht für Hans Winkler das besondere Erlebnis eines Pirschganges aus. „Man wird bei der Pirsch sozusagen eins mit der Natur. Man lernt, gewisse Signale im Wald zu verstehen.“ Der Abschlussplan wird von der der Bezirkshauptmannschaft in enger Zusammenarbeit mit der Jägerschaft festgelegt. Das Jagdjahr läuft jeweils von 1. April bis 31. März. „Im Jagdjahr 2019/2020 konnte der Abschuss beim Schalenwild zu ca. 80 % erfüllt werden. Beim Rotwild lagen wir im letzten Jagdjahr erstmals bei 900 Stück. Derzeit befinden wir uns mitten im Jagdjahr 2020/2021. Beim Rotwild haben wir schon rund 50 Prozent des Abschussplanes erfüllt, beim Rehwild liegen wir bei etwa 65 % und beim Gamswild bei rund 40 %. 58 Stück Steinwild stehen auf dem Abschlussplan, 42 Tiere sind leider schon wegen Räude-Befall abgegangen. Die Murmeltierjagd ist seit 30. September vorbei, den Abschlussplan haben wir hier mit rund 80 % erfüllt.“

Die Steinböcke und Gämsen werden in Osttirol alle zwei Jahre gezählt, die Zählungen wurden vor Kurzem abgeschlossen. „Beim Steinwild sind gute Bestände in den Hohen Tauern, in der Schobergruppe und im Defereggental vorhanden. Die Räude setzt den Steinböcken aber ziemlich zu. Sie haben vor allem auch mit den steigenden Temperaturen zu kämpfen. Die Zählungen bestätigen auch, dass die Bestände an Gamswild im Bezirk in etwa gleich bleiben. Die Gämsen sind aktuell von der Gamsblindheit und ein wenig auch von der Räude befallen.“

Massiv betroffen ist die Osttiroler Jägerschaft von den Schäden, die das Sturmtief VAIA im Herbst 2018 und die Starkschneefälle Mitte November 2019 im Wald angerichtet haben. „Die Wiederaufforstung nach diesen Jahrhundertereignissen stellt auch uns Jäger vor große Herausforderungen. Verbiss und Wildschäden müssen gering gehalten werden, damit die Jungpflanzen nachwachsen können. Es gibt die Möglichkeit des Verstreichens. Dabei wird bis zum Alter von ca. 7 Jahren Verbissschutzmittel auf die Jungbäume aufgetragen. Das ist natürlich zusätzliche Arbeit für die Jäger. Wir sind dabei auf die gute Zusammenarbeit mit den Waldbesitzern und der Forstbehörde angewiesen, denn wir können nicht allein für die Wiederaufforstung verantwortlich sein.“

Mit mangelndem Interesse hat die Osttiroler Jägerschaft keineswegs zu kämpfen – ganz im Gegenteil. 58 Jungjäger haben Mitte April die Jagdprüfung bestanden. Der Tiroler Jägerverband/Bezirksstelle Lienz bietet alljährlich einen Jungjägerfortbildungskurs zum Erlangen der Tiroler Jagdkarte an. Der Kurs dauert von 8. Jänner bis zur Prüfung Mitte April. Es handelt sich um einen Abendkurs, der drei Mal in der Woche stattfindet. Wildkunde, Forstkunde, Jagdgesetz, Waffenkunde, Jagdliches & Brauchtum, Tierkrankheiten und Wildbret-Zerwirkkunde sind die Inhalte. „Beim letzten Kurs haben wir erstmals einen Tourismus-Teil eingebaut. Das Interesse an den Kursen ist groß – vor allem auch bei der Jugend. Erfreulich ist zudem der steigende Frauenanteil – in etwa ein Drittel der Teilnehmer war bei den letzten Kursen weiblich“, so der Bezirksjägermeister, der selbst das Fach Wildkunde unterrichtet.

Zum Abschluss unseres Gespräches betont Hans Winkler noch einmal, dass er die Jagd keineswegs als Hobby verstanden wissen will: „Der Jäger muss die Verhältnisse im Revier kennen und deswegen regelmäßig auf die Pirsch gehen. Vor allem sollte er auch ein guter Schütze sein. Der Schuss sollte tödlich sein, damit kein Tierleid entsteht und das Wildfleisch qualitativ hochwertig bleibt. Das Wildbret sollte möglichst sofort in die Kühlkette kommen. Wir vom Jägerverband legen großen Wert darauf, dass das Wildbret in der Region veredelt wird. Hier gibt es im Bezirk Lienz mit Wildbretveredlern und Wirten bereits gute Initiativen. Kurse, bei denen das richtige Zerwirken sowie die Verarbeitung und Veredelung des Wildbrets behandelt wird, sind besonders wichtig. Denn Wildbret auf dem Teller ist nicht nur jetzt im Herbst ein ganz besonderer lukullischer Genuss.“

 

Text: Raimund Mühlburger, Foto: privat

07. Oktober 2020 um