Kartitsch: PuKuVi stellte Pflanzenkohle als Bodenschutz in den Fokus

Weil nicht nur die Vielfalt von Kulturpflanzen, sondern auch unsere Böden stark gefährdet sind, trafen sich am Joasa Hof die Fans der Herstellung von Kohle aus pflanzlichen Rohstoffen.

Das Netzwerk rund um das grenzüberschreitende Interreg Dolomiti-Live Projekt Pustertaler Kulturarten Vielfalt (PuKuVi, ITAT4143) warnt: „Wind- und Wassererosion, Austrocknung und Versalzung, Verdichtung, Versiegelung und Verschmutzung sind nur einige der Bedrohungen für unsere Böden. Die nachhaltige Sicherung der Bodenfruchtbarkeit muss ein zentrales Anliegen im Gartenbau und in der Landwirtschaft sein. Pflanzenkohle und damit angereicherter Kompost können hier – neben vielen anderen Strategien – helfen.”

 

 

Bei eisigen Temperaturen und Schneesturm trafen sich zahlreiche Pustertaler am Joasa Hof in Kartitsch, um Pflanzenkohle herzustellen.

 

Mitwirkende von PuKuVi aus verschiedenen Gemeinden des Pustertales und Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereines Kartitsch trafen sich am Samstag, 2. April, am Joasa Hof zu einem besonderen Workshop. Ziel des Treffens war die Herstellung von Pflanzenkohle. Die dafür notwendige hohe Temperatur (ca. 500 °C) und saubere Pyrolyse können nur in einem speziellen Pyrolyseofen erreicht werden, der von einem Pflanzenkohle-Experten aus dem PuKuVi-Netzwerk bereitgestellt worden war.

 

 

In den vergangenen Jahren hat sich in Europa ein regelrechter Boom um sogenannte Terra-Preta-Substrate entwickelt. Bei Terra Preta handelt es sich um ein schwarzes, fruchtbares, von Menschen hergestelltes Bodensubstrat unter Beimischung von Pflanzenkohle, das erstmals in den Böden des Amazonas in archäologischen Ausgrabungen entdeckt und untersucht wurde. Terra Preta darf nicht mit dem in der deutschen Sprache üblichen bodenkundlichen Begriff „Schwarzerde“ verwechselt werden, der natürlich entstandene tiefgründige humusreiche Böden beschreibt. Fertige im Handel erhältliche Terra-Preta-Substrate sind sehr teuer. Nicht nur aus diesem Grund, sondern auch um den Gedanken der Kreislaufwirtschaft konsequent zu verfolgen, ist eine Produktion von Pflanzenkohle vor Ort sinnvoll und auch leicht umsetzbar.

 

Blick in den Pyrolyseofen (Eigenbau eines geschickten Osttiroler Bastlers & Gärtners)

 

Brigitte Vogl-Lukasser vom Netzwerk PuKuVi erklärt: „Durch Pyrolyse hergestellte Pflanzenkohle darf nicht mit Grillkohle, Braun- und Steinkohle zum Heizen und nicht mit jener Asche oder Kohle verwechselt werden, die in Holzvergaseröfen entsteht. Demnach sind auch Griller oder Holzvergaseröfen nicht für die Herstellung von Pflanzenkohle geeignet, weil sie nicht die notwendige Temperatur für eine Pyrolyse erreichen. Asche kann überdies je nach Rohstoff, Art der Verbrennung und Art des Einsatzes sehr unerwünschte Eigenschaften haben.“

 

Der Umgang mit geeigneten Pyrolyseöfen für die Herstellung von Pflanzenkohle, die beim Kompostieren und hernach im Garten oder am Acker eingesetzt werden kann, braucht Erfahrung.

 

Diskutiert und praktisch erprobt wurden die notwendige Holzqualität, die Temperaturführung, das korrekte Ablöschen der Kohle, das Vermahlen und das schichtweise Einbringen in den Kompost. Pflanzenkohle muss, bevor sie eingesetzt wird, dem Kompostausgangssubstrat beigemengt und mit diesem kompostiert werden. Christian Vogl von der Universität für Bodenkultur: „Das Einbringen von Pflanzenkohle in unsere Garten- und Ackerböden hilft etwa, Humus aufzubauen und die Wasserhaltefähigkeit der Böden zu verbessern. Mit Pflanzenkohle angereicherter Kompost macht unsere Böden fit für Herausforderungen, wie Starkniederschlag oder extreme Trockenheit. Pflanzenkohle ist aber nicht das Heil- oder Wundermittel für unsere Böden. Viele kleine Maßnahmen, wie etwa Verzicht auf synthetische Mineraldünger, organische Düngung, Mulchen, Gründüngung oder Fruchtfolge mit stickstoffsammelnden Pflanzenarten (Leguminosen) helfen ebenfalls, Humus im Boden aufzubauen, wie das ja auch in der biologischen Landwirtschaft üblich ist“.

 

Beim Treffen wurde auch Saat- und Pflanzgut getauscht.

 

Betont wurde bei dem Treffen immer wieder, dass Bodenschutz im Gartenbau und in der Landwirtschaft an die Stelle der Ausbeutung der knappen Ressource Boden treten muss. Bei diesem Treffen wurde auch Saat- und Pflanzgut getauscht. Besondere Sorten-Raritäten waren dabei die Gartenbohne „Bisbolada“, die Erbse „Belluneser“, die Kartoffel „Mayan-Gold” oder eine wohlschmeckenden Karottensorte. „Mit dem weitergegebenen Saatgut wird die Erhaltung besonderer Sorten-Raritäten unterstützt. Der Anbau von samenfesten, vielfältigen Kulturpflanzen auf einem Boden mit hoher Fruchtbarkeit ist ein wichtiger Beitrag, um in Zukunft unsere Ernährung zu sichern”, betonte Brigitte Vogl-Lukasser.

 

Text: Redaktion, Fotos: C. R. Vogl

04. April 2022 um