Oberes Drautal in Kärnten: Von der alten Tradition des „Flößens“

Die Flößertage Mitte August sind alljährlich der Höhepunkt für die „Oberdrautaler Flößer“. Die alte Tradition könnte schon bald als immaterielles Kulturerbe der UNESCO gelistet werden.

Die Drau wurde viele Jahrhunderte lang für den Gütertransport genutzt – aus dem Jahre 1209 stammt der früheste urkundliche Nachweis dazu. Johann Kuhn, Obmann der Ortsgruppe Spittal-Baldramsdorf der „Oberdrautaler Flößer“, weiß darüber viel zu erzählen: „Von Oberkärnten aus wurden auf der Drau Holz und Holzkohle, Eisenwaren, Stoffe und viele andere Waren mit Floßen flussabwärts transportiert. Insbesondere ab dem 17. Jahrhundert war die Drau als ,Kärntner Holzstraße‘ ein wichtiger Verbindungsweg für Sägewerke und später für Zellulosefabriken. Als Ende des 19. Jahrhunderts die Bahn ins Drautal kam, verlor die Flößerei an Bedeutung. Geflößt wurde jedoch noch herauf bis in die 1950er-Jahre.“

 

v.l.n.r.: Josef Matitz (Obmann Ortsgruppe Greifenburg), Wolfgang Rohrer (Obmann Oberdrautaler Flößer), Johann Kuhn (Obmann Ortsgruppe Spittal-Baldramsdorf)

 

Der Verein „Oberdrautaler Flößer“ wurde 1990 gegründet und zählt heute fünf Ortsgruppen. „Meines Wissens wurde 1952 das letzte Mal Holz mit einem Floß auf der Drau flussabwärts transportiert. Wir als Verein setzen uns dafür ein, dass diese alte Tradition nicht in Vergessenheit gerät. Aus diesem Grund veranstalten wir alljährlich um den 15. August (Maria Himmelfahrt) unsere ,Flößertage‘. Wie in alten Zeiten baut dafür jede Ortsgruppe ihr eigenes Floß – und dann flößen wir drei Tagen lang von Oberdrauburg bis nach Spittal a.D.“, berichtet Obmann Wolfgang Rohrer.

 

 

Das Floß wird direkt im Wasser aus Holzstämmen gebaut. „Zuerst wird ein Rahmen gefertigt. Wie in alten Zeiten verwenden wir dazu gedrehte Haselnussstecken, so genannte Wieden, und Stahlklammern, um die einzelnen Holzstämme zu verbinden bzw. zu befestigen“, informiert der gelernte Zimmermann aus Steinfeld über das so genannte „Einbinden“ eines Floßes. Startpunkt der Flößerfahrt ist Oberdrauburg. Die 55 km lange Strecke bis Spittal wird am Flößer-Wochenende in fünf Etappen von Freitagmittag bis Sonntagmittag zurückgelegt. An jedem Etappenziel findet eine vom örtlichen Flößerverein organisierte Uferveranstaltung mit Musik und Kulinarik statt.

 

 

Die 1. Etappe führt am Freitag zunächst bis Dellach. Nach dem Uferfest geht es weiter bis Berg. Dort findet eine Abendunterhaltung statt, und es wird das erste Mal übernachtet. Am Samstagvormittag führt die 3. Etappe bis zur Radlacher Draubrücke (Mittagspause mit Uferfest), danach folgt die 4. Etappe bis Sachsenburg (Abendunterhaltung und Übernachtung). Sonntagvormittag wird noch bis Spittal geflößt, wo das abschließende Uferfest stattfindet.

 

 

Das Kommando am Floß, auf dem auch Gäste mitfahren können, hat der Flößermeister. Er führt die Ruderer an. Allen Teilnehmern ist dabei, wie der Obmann betont, nicht nur das Hochhalten der Tradition wichtig. „Auch der gesellschaftliche und soziale Aspekt spielt eine bedeutende Rolle – und natürlich darf auch der Spaß nicht zu kurz kommen.“ Die Flößer aus dem Oberen Drautal haben bereits an zahlreichen internationalen Flößertreffen – von Italien über Finnland bis nach Kanada – teilgenommen. 1991, 2000 und 2019 trugen sie das „Internationale Flößertreffen“ aus. „Wir konnten jedes Mal rund 200 TeilnehmerInnen aus der ganzen Welt bei uns im Drautal begrüßen“, erinnert sich Johann Kuhn, der beim Internationalen Verband der Holzflößer (Int. Association of Timber-Raftsmen) als Kassier fungiert, zurück.

 

 

Zusammen mit anderen Flößern hat sich der Obmann der Ortsgruppe Spittal-Baldramsdorf auch dafür eingesetzt, die Flößerei bei der UNESCO als immaterielles Kulturerbe zu nominieren. „Die nationale Listung in Österreich konnten wir bereits 2014 erreichen. Nun stehen die Chancen gut, dass die UNESCO mit Ende 2022 entscheidet, die Flößerei auch international als immaterielles Kulturerbe der Menschheit zu listen“, fruet sich Johann Kuhn.

 

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Oberdrautaler Flößer, Johann Kuhn, Osttirol heute/Mühlburger

02. August 2021 um