Protestanten im Defereggental: Schau mit Figuren von Margarethe Oberdorfer in Lienz

In der Liebburg wird von 6. bis 10. Mai die künstlerische Darstellung der Vertreibung der Deferegger Protestanten von Margarethe Oberdorfer gezeigt.

Auch in diesem Jahr nimmt die Stadt Lienz als Mitglied der Kulturspur Osttirol mit einer Kleinausstellung an der Museumswoche im Mai teil. Am Montag, 6. Mai, wurde die Ausstellung mit Figuren von Margarethe Oberdorfer zur Vertreibung der Deferegger Protestanten in der Liebburg eröffnet.

Eine Beschädigung der Osttiroler Stele im evangelischen Diözesanmuseum in Fresach machte eine Neukonzeption der Ausstellung notwendig. Die Keramikkünstlerin Margarethe Oberdorfer schuf mit ihren Figurengruppen zur Geschichte der Protestanten im Defereggental mehr als nur einen Ersatz.

 

 

Die Erzählung ist im Bezirk keine unbekannte. Mitte des 17. Jahrhunderts tauchte im zum Salzburger Hochstift gehörenden vorderen Defereggental der Verdacht auf, es könnten religiöse Lehren kursieren, welche den Dogmen des Katholizismus widersprechen würden. Von Seiten der Amtskirche wurde zunächst wenig unternommen, bis 1680 ein Lienzer Bildschnitzer die dortigen „Geheim-Protestanten“ bei den Obrigkeiten anzeigte – seine Heiligenfiguren würden verschmäht werden, hier sei man wohl „lutherisch“.

 

 

Nach überfallsartigen Büchervisitationen und erfolglosen Bekehrungsversuchen befahl 1684 der Erzbischof die Ausweisung von über 600 Personen aus dem Bistum. Mehr als 200 Kinder unter 15 Jahren mussten zur katholischen Umerziehung zurückgelassen werden. Familien wurden zerrissen, Gemeinschaften zerbrachen, die seelischen Wunden der Weichenden und auch der Bleibenden suchten lange nach Heilung und hinterließen spürbare Narben.

 

Mag. Margarethe Oberdorfer, geboren 1952, studierte nach einer Fotografie-Lehre an der Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz. Die Keramikkünstlerin ging zunächst nach Wien, war dann als Professorin für Bildnerische Gestaltung und Erziehung am BORG Lienz tätig und eröffnete mit ihren Geschwistern die Werkstatt-Galerie Oberdorfer.

 

Mit diesen Wunden, aber vor allem auch ihrer Heilung durch die Versöhnung in den letzten Jahrzehnten, beschäftigt sich das Werk von Margarethe Oberdorfer. Sie lässt ihre detailliert ausgearbeiteten Figuren in Dialog mit den Betrachtern treten und bearbeitet so Themen, die aktuell wieder von enormer Brisanz sind. Ausgrenzung bis hin zu Plänen der Vertreibung von Millionen Mitbürgern, herausgerissen aus ihrer Heimat und sozialen Beziehungen, lassen in Menschen wieder Ängste aufkommen, die überwunden schienen. „Damit ist Oberdorfers Arbeit ‚lebendige Geschichte‘ und nicht nur ein Blick auf eine Episode der Osttiroler Geschichte – ein höchst aktuelles, allgemein gültiges Mahnmal“, verdeutlicht die evangelische Pfarrerin Margit Leuthold, die das Projekt auch über die nächsten Monate begleiten wird.

 

 

Die Kleinausstellung wird von 6. bis 10. Mai während den Gemeinde-Öffnungszeiten im nördlichen Eingangsbereich der Liebburg zu sehen sein und ist als Lienzer Beitrag der Auftakt zur Museumswoche der Kulturspur Osttirol. Nach der Erstpräsentation im Rathaus treten die Figuren ihre Reise durch Osttirol und Kärnten bis zu ihrem endgültigen Aufstellungsort in Fresach an.

 

 

Margarethe Oberdorfer – LEBENDIGE GESCHICHTE – Die Vertreibung der Defregger Protestanten

Liebburg Lienz, Parterre Nord

6. bis 8. Mai 2024, 7.30 bis 17.00 Uhr
10. Mai .2024, 7.30 bis 12.00 Uhr

 

 

Text: Redaktion, Fotos: Stadt Lienz/Bernd Lenzer

07. Mai 2024 um