Peter Raneburgers Weg hin zu existenziellen Grenzen und Grenzerfahrungen

Noch bis 13. August ist die Ausstellung „homo erectus“ des Matreier Kunstschaffenden Peter Raneburger in der Galerie im Vektor in der Burg Hasegg in Hall in Tirol zu sehen.

Mit steter Konsequenz gelingt es dem Maler, Projektkünstler und Philosophen Peter Raneburger (geb. 1967) reizfordernde bis irritierende Themenbereiche des Alltäglichen aufzugreifen und sie beinahe analytisch in deren Grundsätzlichkeit zu zerlegen. Die so neu definierten Bildmodule werden von ihm schließlich in Anbetracht seiner künstlerisch provozierenden Motivation mit erweitertem Aussagewert durchaus aktionistisch angelegt. Zu einem überwiegenden Teil bedienen evolutionstheoretische Erkenntnisse nach Darwin und deren Geist, der Mensch in seiner Geschlechtlichkeit und die damit subversiv zugeteilten Rollenmuster sowohl das förmliche wie auch theoretische Gerüst seiner Werkzyklen.

 

Raumsituation mit Videostills von OchoReSotto, 2020

 

Der soziokulturelle bis anthropologische Zugang zu diesen Paradigmen erfährt dabei im Aufbrechen des vermeintlich Normierten im Bild eine weitere Körper- und mehr noch Geisterfahrung. Das vom Künstler festgelegte inhaltliche Konzept, das nicht selten die Wahrnehmungskonventionen auflösen will, fordert damit eindringlich die Reaktion der Betrachtenden ein. Denn die besagte Hintergründigkeit zu erfahren, obliegt hier vorrangig dem Verständnis und natürlich dem Willen des jeweiligen Gegenübers, sich auf den Spielraum der Hinterfragung einzulassen.

 

Myself as a hominid / relationsship XIII, 2019. 120 x 100 cm, Trockenfarbe + Oilbar auf Papier

 

Die künstlerische Ausrichtung der Ausstellung „homo erectus“ basiert auf essentiellen Inhalten der zwei vorangegangenen Werkserien „relationship“ und „halo“. Nun weitergedacht, möchte die Präsentation mit einer weiteren Sequenz zur Selbsterkenntnis führen. Als offensiv intellektuelle Reaktion auf die Architektur vor Ort kann die historisch gewachsene Burganlage Hasegg mit deren Münzerturm aus dem späten 15. Jh. als Bindeglied zwischen Vergangenem und Präsentem aufgefasst werden. Die historisch erzählende Funktion der Architektur gilt als ausgleichende Zeitebene für die Interaktion der Bildfülle, die in diesem Rahmen auf drei Räume aufgeteilt wird.

 

Yourself as a hominid II / relationship XVII, 2020. 124,5 x 100 cm, Trockenfarbe + Oilbar auf Spiegelfolie und Platte

 

Die Diskrepanz der Höchstentwicklung mit deren zynisch anmutenden Fähigkeit zur gezielten Selbstzerstörung zählt für Peter Raneburger zu einem der signifikanten Themenbereiche der Menschreflexion. Mit der eigenständigen Auseinandersetzung mit Raneburgers Bildelementen gelingt der Grazer Film- und Projektkünstlergruppe OchoReSotto ein weiteres spannendes Moment der Aufschlüsselung des konzeptuellen Ursprungsgedankens. Eine analog arrangierte Licht- und Videoinstallation, die außerdem mit dem Sound von Nikos Zachariadis begleitet wird, ergänzt das Projekt: Bildfelder werden zerteilt, abstrahiert und damit in einem gewissen Ausmaß vielleicht der Unsicherheit eines so aufgefassten Basiselements ausgesetzt.

 

Homo erectus I-XL, 2020. 22 Stück je 50 x 70 cm, Digitaldruck auf Sicherheitsglas

 

Die Gegenüberstellung und die gleichzeitige Demaskierung menschlicher Phänomene von ihren Ursprüngen an berühren damit als konzeptiver Teil der Ausstellung jene Bewusstseinsebenen des Menschen, die Transformationsprozesse annähernd suchen bzw. sie dann auch wagen, einzugehen.

„homo erectus“ – Peter Raneburger
Galerie im Vektor in der Burg Hasegg in Hall in Tirol
3. Juli — 13. August 2020, Öffnungszeiten: DI bis SO 10.00 bis 17.00 Uhr
Letzter Einlass: 16.00 Uhr

 

Text: Eleonora Bliem-Scolari. Fotos: Miriam Raneburger, Eleonora Bliem-Scolari

30. Juli 2020 um