Michael Lang: Werke voller Leben und Mythen

Der Bildhauer Michael Lang gestaltet derzeit einen „Mythenplatz“ rund um das Gebäude für das Defereggen Heilwasser in St. Jakob – eine Reportage über den vielseitigen Künstler.

Michael Langs Skulpturen bedürfen keiner Erklärung, sie sprechen für sich. Sie sollen zum Nachdenken anregen oder einfach nur inspirieren. Für den gebürtigen Iseltaler gab es nie einen anderen Berufswunsch, als Bildhauer zu werden. Im Alter von sechs Jahren schnitzte Michael seine erste Figur – einen Hirten aus Lindenholz. Das Haus, in dem er aufgewachsen ist – ein Bauernhof im Virger Ortsteil Mitteldorf – bezeichnet er als ein „Daheim mit Bezug zur Kunst“. „Ich habe einen sehr kunstinteressierten Vater. Am meisten inspiriert dürfte mich aber mein Onkel haben. Er ist akademischer Bildhauer und für mich so eine Art Weltenbummler. Er arbeitete und lebte u.a. in New York, Korea und Tokio“, so der heute 32-Jährige, der unmittelbar nach der Pflichtschule in die Bildhauerschule nach Elbigenalp wechselte. „Die vier Jahre in der Bildhauerschule waren eine sehr prägende Zeit für mich. Die Erfahrung, als Vierzehnjähriger die Heimat zu verlassen und mit 70 verschiedenen Charakteren zusammenzuleben und zu arbeiten, betrachte ich heute als  besonders wertvoll.“

Bei Schnitzarbeiten in seinem Atelier ...

Bei Schnitzarbeiten in seinem Atelier …

Nach Abschluss der Bildhauerschule arbeitete der Virger einen Sommer lang am Bau. Sechs Tage nach dem Ende seiner Pflichtzeit beim Bundesheer eröffnete er sein eigenes Atelier in der Lienzer Messinggasse. Dieses betreibt er auch heute noch, obwohl er inzwischen in seiner Heimatgemeinde ein Eigenheim mit angeschlossenem Atelier gebaut hat. „Ich will mich weder in Hinsicht auf das Material noch stilistisch innerhalb von Grenzen bewegen. Ob aus Stein, Bronze oder Holz, ob naturalistisch oder abstrakt/kubistisch – es entsteht immer das, was sich in meinem Kopf gerade abspielt“, kommt der Kunstschaffende ins Philosophieren.

... beim Bearbeiten eines riesengroßen Findlings in Niedermauern ...

… beim Bearbeiten eines riesengroßen Findlings in Niedermauern …

In letzter Zeit ist er verstärkt auch in der Ölmalerei tätig. „Bildhauer bist du 24 Stunden lang. Manchmal muss ich in der Nacht aufstehen, um zu zeichnen. Das kann auch unangenehm sein, weil man eigentlich nicht aus dem Bett will. Aber die Gedanken oder eine bestimmte Idee lassen mich oft einfach nicht mehr los.“ Letzteres gilt auch für den 28 bis 30 Tonnen schweren Findling in Niedermauern, der ihn aktuell besonders fesselt. „Es handelt sich dabei um einen riesigen Quarzstein. Dieses sehr harte Gestein ist am besten mit dem Nassschneider zu bearbeiten, was ich derzeit vor allem in meiner `Freizeit` mache. Vermutlich werde ich noch jahrelang daran arbeiten. Was entstehen wird, das spricht der Stein durch seine Form selbst aus.“

... und bei Planungsarbeiten für die „Wege der Sinne"

… und bei Planungsarbeiten für die „Wege der Sinne“

Mit seiner Begeisterung für Formen, Farben und Materialien hat Michael Lang auch schon seine Frau Jasmina und die Kinder Lauren und Noele angesteckt.„Meine Frau ist vor allem in Sachen Dekoration sehr talentiert. Unsere Kinder
wachsen so praktisch mit der Kunst auf. Sie zeigen auch keinerlei Scheu vor Materialien. Unsere Weihnachtskrippe zum
Beispiel haben Lauren und Noele modelliert“, zeigt sich Michael Lang stolz auf seinen Nachwuchs.

Mythenplatz St. Jakob i.D.

langmichael3_c_Hannes-Berger

Eine aktuelle Auftragsarbeit von Michael Lang ist die Gestaltung des Abfüllgebäudes und des umliegenden Geländes für die Defereggen Thermal- und Heilwasser GmbH in St. Jakob – basierend auf dem Mythos des Schnabelmenschen. Ein 13 Meter langer Brunnen aus Serpentin und Bronze ist bereits fertiggestellt. Der Brunnen hat die Form eines Pfauenauges. Die Baumwurzel ist als Bronzeguss gefertigt. „Der Baum holt sich seine Energie von der Wurzel. Sie soll symbolisieren, was uns
die Natur zum Geschenk macht – nämlich das Wasser als Grundnahrung und als Lebenselexier. Das Pfauenauge interpretiere ich nach dem Mythos des Schnabelmenschen als Spiegel in die Zukunft“, so der Künstler zu diesem Werk. Auch
für die Architektur des Abfüllgebäudes, das die Form eines Vogelkopfes hat, zeichnet Michael Lang verantwortlich. Wichtig war ihm, dass sich das Gebäude der umgebenden Natur anpasst. Deswegen wurde der Bereich auch aufwändig begrünt und bepflanzt. Für die Zukunft denkt er rund um das Abfüllgebäude einen Mythenplatz mit alpenbotanischem Garten an.

 

Lahar 2012

langmichael4_c_hannesberger

Die Skulptur in Niedermauern hat Michael Lang ausschließlich aus Brückentraversen, die die Mure vom 4. August 2012 in Virgen verbogen hat, gestaltet. Er wollte mit diesem Werk die ungezähmte Kraft der Natur darstellen. Die einzelnen Teile symbolisieren die Vegetation, die Menschen des Tales, die Besiedelung, das Wachsen. „Die unteren Traversen verkörpern die Mure, die sich in zwei Wellen durch das Dorf schlängelte. Wenn man hinter der Skulptur steht und durch die U-förmige Traverse blickt, sieht man genau dorthin, wo die Firschnitzbach-Mure damals ihren Anfang nahm“, erklärt der Künstler. Das Wort „Lahar“ stammt aus dem Javanischen und bedeutet Schlamm- und Schuttstrom. Michael Lang hat diese Bezeichnung für seine Skulptur gewählt, weil eine Mure wie jene 2012 in Virgen normalerweise nur in vulkanischen Regionen vorkommt.

„Wege der Sinne“ im Virgental

virgenwege1-c-hannes-berger

Acht kreative Osttiroler wollen mit „Kunstwerken in der Natur“ einen Weg entlang der Isel zwischen ihrem Ursprung im Umbaltal in Prägraten bis  zur Nikolauskirche in Matrei kreieren. Michael Lang leitet dieses Projekt. „Wir wollen mit unserer Kreativität und unserem Handwerk unser Tal in Richtung Zukunft mitgestalten. Ich fühle mich beschenkt, dass ich hier in dieser Gegend leben kann. Wirtschaftliche Impulse und Arbeitsplätze können im hinteren Iseltal größtenteils nur auf dem Tourismus aufbauen. Das Virgental sollte ein Tal der Sinne werden“, so Michael Lang.

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Martin Lugger, Hannes Berger, Privat

 

 

21. Mai 2015 um