Anras: Domorganist Ludwig Lusser trifft auf Jazz-Saxophonist Wolfgang Puschnig
Orgel plus Puschnig – der St. Pöltener Domorganist Ludwig Lusser konzertiert am 21. August zusammen mit dem Jazz-Musiker Wolfgang Puschnig in der Pfarrkirche von Anras.
Ludwig Lusser ist in Innervillgraten aufgewachsen und hat einen für seine Generation typischen Lebenslauf vorzuweisen: Kindheit in der Geborgenheit von Familie und Dorf, früh ins Internat, weil das damals mangels Verkehrsanbindung die einzige Chance auf eine höhere Bildung war. Mit den typischen Eigenschaften dieser Dorfkinder, nämlich Neugier, Fleiß und Beharrlichkeit, hat er sein Talent weiterentwickelt und Karriere gemacht. Heute ist Ludwig nicht nur Organist an einer bedeutenden Domkirche, sondern auch viel beachteter Partner ganz unterschiedlicher Künstler, vom jüngst verstorbenen Aktionskünstler Hermann Nitsch bis zu Jazz-Größen wie eben Wolfgang Puschnig.
Gottfried Unterweger vom Verein Anraser Pfleghaus hat mit Ludwig Lusser am 11. August über seinen Werdegang gesprochen:
Ludwig, du stammst aus Innervillgraten. Welche örtlichen Besonderheiten haben Dich als Kind besonders geprägt?
Sehr prägend war die Landschaft: die Felder und Waldgebiete unseres Bergbauernhofes und die für hochalpine Regionen eher milde Berglandschaften.
Welche Bilder aus Deiner Kindheit trägst du heute noch in Dir?
Es sind eher wohltuende Gefühle, die mich an eine sehr schöne Kindheit erinnern. Mit einer relativ einfachen Lebensweise wie es damals bei allen im Dorf üblich war, muss ich mich in meiner Familie mit meinen Eltern sehr gut geborgen gefühlt haben.
Wann hast Du zum ersten Mal gemerkt, dass Musik Deine Bestimmung sein könnte?
In meiner frühen Kindheit wurde das tägliche Musizieren in der Familie, bei Nachbarn, befreundeten Familien, vielen Leuten im Dorf ganz selbstverständlich praktiziert. Ich würde sagen das war einfach da im Dorf. Mit meinem Eintritt ins Paulinum in Schwaz kam dann der entscheidende Impuls: Ich sah gleich in der ersten Musikstunde das erste Mal einen kleinen Stutzflügel. Das ist wie ein Blitz in mich hineingefahren. Am selben Tag noch habe ich meine Eltern angerufen und gefragt, ob ich Klavierunterricht nehmen darf, was sie mir sofort erlaubten. Ab da bin ich in der Freizeit stundenlang in den Klavierzimmern gesessen und habe wie besessen alles nachgespielt, was ich rundherum gehört habe.
Wer hat Dich entdeckt und gefördert?
Der damalige Direktor Otto Larcher hat meinen Fleiß und meine schnellen Fortschritte gesehen und mich bald zu Theo Peer am Innsbrucker Konservatorium geschickt. Nachdem ich auch das Orgelspiel ähnlich autodidaktisch begonnen hatte, wurde ich von kundigen Lehrern zum damaligen Domorganisten von Innsbruck, Reinhard Jaud, geschickt. Beide Musiker haben mich sehr beeindruckt, und ich bin ihnen bis heute dankbar für alle Unterstützung und ihren qualifizierten Unterricht. Reinhard Jaud hat mich dann zu Michael Radulescu nach Wien weiterempfohlen.
Wann entwickelte sich Dein Bedürfnis, Musik nicht nur zu reproduzieren, sondern auch neu zu interpretieren?
Das Improvisieren habe ich aus eigenem Antrieb von Anfang an betrieben. Meine Lehrer haben mich darin nach Kräften gefördert.
Welche Künstlerpersönlichkeiten, mit denen Du zusammengearbeitet hast, haben Dich am meisten beeindruckt?
Da gibt es natürlich mittlerweile sehr viel Künstler*innen, mit denen ich arbeiten konnte. Der wichtigste Künstler war und ist mein Lehrer Michael Radulescu an der damaligen Hochschule für Musik in Wien. Seine unbedingte Hingabe, die Ausschließlichkeit, alles der Sache der Musik unterzuordnen, sein Kunstfanatismus, das war schon sehr beeindruckend, und für mich ist er auch heute noch ein leuchtendes Vorbild. In jüngerer Zeit, ab 2018, hatte ich Gelegenheit, mit dem heuer verstorbenen Aktionskünstler Hermann Nitsch zu arbeiten, der sein ganzes Leben in ähnlich beeindruckender Weise ausschließlich in die Verwirklichung seines so von ihm benannten Orgien Mysterien Theaters gewidmet hat. Nitsch stellt alle Kunstformen, Mythen, Religionen, Kulte, das ganze menschliche Dasein ins Zentrum seines Theater-Gesamtkunstwerks.
Wie war Deine erste Begegnung mit Wolfgang Puschnig?
Mit Wolfgang Puschnig wurde ich für das Herbstfestival 2014 Musica Sacra in St. Pölten mehr zufällig zusammengespannt. Das war vom ersten Ton an eine unglaubliche Übereinstimmung. Wir haben vom ersten Treffen an aufeinander reagiert, als ob wir immer schon zusammengespielt hätten. Eine wunderbare und äußerst beglückende Erfahrung.
Was zeichnet Eure gemeinsame Arbeit aus?
Ich glaube, das Besondere ist das Einfühlungsvermögen von Wolfgang Puschnig, seine Neugierde und Offenheit. Dazu kommen seine vielfältigen Möglichkeiten, die er sich in seinem bisherigen Leben erarbeitet hat und schließlich sein besonderer eigener warmer Ton. Dies alles versetzte uns in die glückliche Lage, ohne viel Gerede und Vorbereitung originale Orgelwerke als Ausgangsmaterial für unsere gemeinsamen Improvisationen verwenden zu können, die dann auch ganz an der Orgel gespielt erklingen.
Was dürfen die Besucher Eures Konzertes in Anras am 21. August erwarten?
Ganz genau kann man das ja bei Improvisationen nicht sagen. Daher erleben die Besucher etwas ganz Einmaliges und nur dort einmal Erlebbares. Es werden viele wunderbare Klangmischungen mit der Orgel im Zusammenklang mit dem Saxophon als zusätzlichem Orgelregister zu hören sein. Ebenso wird Wolfgang Puschnig zum Teil weit entfernt von mir im Kirchenraum spielen, was für die Besucher auch sehr interessante Raumklangwirkungen erzeugen wird.
Orgel plus Puschnig – Konzert mit Domorganist Ludwig Lusser und Jazz-Saxophonist Wolfgang Puschnig
Sonntag, 21. August 2023, 17.00 Uhr – Pfarrkirche Anras
Eintritt: 12 Euro bzw. 8 Euro (bis 16 Jahre)
Nähere Informationen und online Tickets: www.anraserpfleghaus.at
Text: Redaktion, Foto: Daniela Matejschek