Ostern im Tiroler Volkskunstmuseum und Bräuche in Osttirol und in der Region

Über die MachMit-Ausstellung „Klüger als der Osterhase“ im Tiroler Volkskunstmuseum und über Osterbräuche in unserer Region erzählte uns der gebürtige Matreier Dr. Karl C. Berger.

Am ersten Sonntag nach dem erste Vollmond des Frühlingsanfanges wird nach christlicher Tradition das Osterfest gefeiert. Was Palmesel, Lamm und Hase mit diesem christlichen Hochfest zu tun haben, warum die Glocken nach Rom fliegen, wie der strengste jüdische Fastentag heißt und wie lange der muslimische Ramadan dauert – damit beschäftigt sich derzeit eine MachMit-Ausstellung in den Räumlichkeiten des Tiroler Volkskunstmuseums, dessen Leiter ein gebürtiger Matreier ist. Uns hat Dr. Karl C. Berger Interessantes über Osterbräuche und über die „Ostereiersuche“ quer durch das Volkskunstmuseum erzählt.

 

 

Ostern und die Region Osttirol

„Um Ostern als wichtigste Zeit im kirchlichen Jahreslauf verteilten sich“, berichtet Karl C. Berger, „in früheren Zeiten wichtige Lostage – also Tage, bis zu denen bestimmte Tätigkeiten und Arbeiten erledigt wurden bzw. erledigt werden mussten. Viele dieser Tage sind heute Brauchtermine. Oftmals hängen die aufgeführten Bräuche mit diesen Pflichten bzw. Zinsabgaben zusammen. Ein Beispiel dafür waren die spätmittelalterlichen  Abgabepflichten an die Grundherren. Die verpflichtende Abgabe der Naturalien (z.B. Zinseier) stellte nicht nur einen Ausgangspunkt für das heutige Verschenken von Ostereiern dar, auch die Widderprozession im Virgental ist aus einer solchen Abhängigkeit heraus entstanden. Neben der Widderprozession in Obermauern am so genannten ,Weißen Sonntag‘ (eine Woche nach Ostern) gibt es auch eine in Ötting am Schmerzensfreitag. Wie sehr sich solche Abhängigkeiten bzw. Abgaben transformieren konnten, zeigt sich auch am Beispiel der Iseltaler Gemeinde Matrei: Die Roggen- bzw. Brotabgabe wurde beim ,Langis-Wecken‘ zu einer Gabe für die Armen, die im hinteren Teil der Kirche ,lotterten‘, also um die Brote baten und diese auch erhielten.“

 

 

Brot und Ostern seien, so der Wissenschaftler, generell zwei sehr eng aneinander liegende Themenbereiche – einerseits aufgrund des religiösen Gehalts, andererseits natürlich, weil Ostern am Beginn der Aussaat/des Arbeitsjahres steht. „Hinzu kam, dass die Fastenzeit früher eine fleischlose Zeit war und deswegen Brot als Hauptnahrungsmittel in allerlei Formen und Varianten gegeben wurde.“ Neben den Fastenspeisen (z.B. Fastenbreze) gab es zu Ostern auch spezielle Festtagsgebäcke: Der „Fochaz/Fochezn“ (von lat. „focus“ = Feuer, mhd. „vochenze“) ist ein bereits im 15. Jahrhundert belegtes Fladenbrot, das ursprünglich in der Asche gebacken wurde. „Meines Wissens gibt es heute im Pinzgau einige Bäckereien, die solche ,„Fochaze‘ wieder backen“, verweist Karl C. Berger auf Zusammenhänge mit an den Bezirk Lienz angrenzende Regionen.

 

 

Wie streng einst der Fleischverzicht – insbesondere am Freitag – in der Fastenzeit war, belegt ein Fresko in der Stadtpfarrkirche St. Andrä in Lienz: Dort findet sich eine spätgotische Darstellung von Christus, der mit einer Keule die am Boden kauernden Menschen bestraft: Die Menschen essen Eier, Fleisch und Käse. Das dazu gehörende Schriftband lautet: „Mensch er [ehre] den Freitag – das dir got nit prech das leben an. Du solt fleisch, air, kes nit essen.“ Dr. Berger: „Dieses Eier-Verbot war auch der Grund für das Konservieren der Eier während der Fastenzeit. Da die am Gründonnerstag (früher ,Antlasspfinstig‘), am Karfreitag und Karsamstag gelegten Eier als besonders und sogar heilig bzw. geweiht galten, wurden sie markiert. Dies kann man heute als einen Ausgangspunkt für das Färben interpretieren. Als Blitzschutz wurden Eier (teilweise am Palmsonntag mit dem Palmbesen) in den First gelegt, unter den Futterbarren der Tiere im Stall vergraben oder als Segen und Hoffnung für eine gute Ernte auf dem Acker vergraben. Belege dafür gibt es aus Salzburg, Tirol, Kärnten und darüber hinaus. Ähnliches hat man übrigens auch mit den Palmbesen und Palmbuschen getan: Aus geweihten Spänen aus den Feuern der Osternacht wurde ein Kreuz geformt, darin ein geweihter Zweig des Palmbuschens gegeben und dies als Weihe auf den Acker gebracht. Der Palmbesen kam dann unter den First als Blitzschutz bzw. wurde bei Gewitter im Sommer angezündet, damit der heilige Rauch das Haus schützen sollte. Mein Vater hat dies am Bauernhof in Matrei in Osttirol, auf dem ich aufgewachsen bin, beispielsweise so praktiziert.“

 

 

Interessant ist die Geschichte der Osterbeichte, die seit dem Trientinischen Konzil vorgeschrieben wurde. Im 19. Jahrhundert erhielt man für die Beichte Beichtzettel, die der Kontrolle dienten. Manche dieser Zettel hatten dafür sogar einen perforierten Teil zum Abreißen. Der Abriss diente also – wie bei einer Eintrittskarte – der Überprüfung, ob jemand gebeichtet hatte. Kontrolliert wurde dies zumeist vom Hausherrn. Unter den Argusaugen der Öffentlichkeit wurden auch die Speisen in der Osternacht oder am Ostersonntag geweiht. Das „Geweihte“ war und ist auch heute noch etwas Besonderes. „Früher ging es dabei aber vielfach auch darum, zu zeigen, was man sich alles leisten konnte“, so der Leiter des Volkskunstmuseums.

 

 

12 MachMit-Stationen als besonderes Ostererlebnis

Um Ostern und das Wissen darüber geht es auch bei den insgesamt 12 kulturübergreifenden Rätseln, die BesucherInnen an den MachMit-Stationen im Tiroler Volkskunstmuseum lösen können. Mit Stempelpass und Handout ausgestattet, kann man sich auf die Suche quer durch das Museum begeben. In jedem Stockwerk verstecken sich bunte Ostereier-Aufkleber, die zu spannenden Rätseln führen. „Anhand von volkskundlichen Tiroler Objekten – wie der Fastenkrippe, der Ratsche, österlichen Backformen oder kunstvollen Ostereiern – erklären wir unterschiedliche Traditionen und Bräuche. Obwohl viele Besucherinnen und Besucher einen persönlichen Bezug herstellen können, sind die wahren Bedeutungen hinter den Objekten auch in der Tiroler Bevölkerung oft nicht mehr bekannt und begeistern Kinder wie Erwachsene“, lädt der Leiter des Volkskunstmuseums zum Besuch der interaktiven Ausstellung ein.

 

 

Ostern in unterschiedlichen Kulturen und Religionen

Neben einem hölzernen Palmesel aus dem 17. Jahrhundert, der einst zu Palmsonntagsprozessionen in Bozen mitgeführt wurde, werden zum Beispiel auch die Palmbuschen erklärt. Diese trägt man zur Osterweihe in die Kirche. Wer möchte, ordnet Palmkätzchen, Olivenzweig, Zeder und Wacholder der richtigen Beschreibung zu. Kunstvolle Ostereier aus dem 19./20. Jahrhundert werden in einer Vitrine gezeigt, einfachere Ausführungen sollen auf einem Holzlöffel durch die Ausstellung balanciert werden. Rund um die Fastenzeit kann jeder und jede selbst erzählen, wie individuell gefastet wird – sei es, nicht zu streiten, nicht zu schimpfen oder keine Schokolade zu essen – oder einen Blick in die Brauchtümer andere Religionen zu werfen. Der „reine Montag“ der orthodoxen Kirche, der jüdische Jom Kippur und der muslimische Ramadan werden zum Beispiel thematisiert.

 

Dr. Karl C. Berger: „„Mir ist wichtig, dass die Erklärungen über die katholischen Traditionen hinausgehen und interkulturell und interreligiös beleuchtet werden.“

 

Die drei großen Religionen Christentum, Judentum und Islam werden eingebunden. Damit schafft es die Ausstellung, Ostern vielfältig darzustellen, lässt langjährige Traditionen wieder aufblühen und erlaubt einen interessanten Ausflug in die Geschichte der Volkskunst Tirols. Mit allen 12 Stempeln der einzelnen Stationen im Stempelpass erhalten die Besucherinnen und Besucher an der Kassa des Volkskunstmuseums eine kleine Überraschung. Die interaktive und interkulturelle Ausstellung „Klüger als der Osterhase“ ist in die gesamte Dauerausstellung über drei Stockwerke hinweg eingebunden.

Was bedeutet Ostern überhaupt?

Die Station im Eingangsbereich des Museums klärt auf, was es mit dem Osterfest an sich überhaupt auf sich hat. Die Bezeichnung des ältesten und wichtigsten Festes im christlichen Jahreslauf – Ostern – leitet sich von der Himmelsrichtung „Osten“ ab. Bereits in vorchristlicher Zeit wurde nämlich der „Sieg der Sonne“, die bekanntlich im Osten aufgeht, über die Dunkelheit gefeiert. Der Ostersonntag wurde auf den ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gelegt. Ausgehend davon berechnen sich weitere christliche Feste, beispielsweise der Aschermittwoch oder Pfingsten.

 

 

Falscher Hase

Eine Station der österlichen Ausstellung im Volkskunstmuseum zeigt u.a. historische Gussformen für Schokoladenosterhasen. Die Tradition, einen „süßen“ Hasen an Kinder zu verschenken, gründet sich auf einen Familienbrauch aus dem 19. Jahrhundert und erfreut sich bis heute ungebrochener Beliebtheit. Wie das Tier aber zum Osterfest kam, ist bislang nicht gänzlich geklärt. Einer Theorie zufolge hoppelt der Hase aufgrund eines Missverständnisses aus dem 4. nachchristlichen Jahrhundert durch die Osterzeit: Der Kirchenvater Hieronymus soll im 18. Vers des 104. Psalms den in Afrika beheimateten Klippendachs fälschlicherweise mit „lepusculus“ – Häschen – übersetzt haben. Das im Bild des in einer Felsnische behüteten „Hasen“, der im Psalm beschrieben wird, wurde schließlich mit der österlichen Grabessymbolik verbunden.

 

 

Wer ist der Palmesel?

An den biblischen Einzug Jesu in Jerusalem auf einem Esel, begleitet vom Jubel der Menschen mit Palmzweigen in den Händen, wird am Palmsonntag erinnert. Bis ins 7. Jahrhundert n. Chr. kann dieser Brauch, die Szene bei kirchlichen Prozessionen darzustellen, nachgewiesen werden. Trotz Verbotes im 18. Jahrhundert hat sich die Tradition bis heute etwa in Thaur und Hall erhalten. Möglichst lang sollen die Palmstangen am Palmsonntag sein, die meist von Kindern und Jugendlichen getragen werden. An der entsprechenden Station im Volkskunstmuseum in Innsbruck lassen sich Pflanzenzweige erfühlen und Groß wie Klein kann bestimmen, aus welchen heimischen Pflanzen die „Tiroler Palmen“ eigentlich bestehen. Schließlich lässt sich an ihnen auch die eigene Kraft messen, wenn die Palmstangen aus der Station gehoben werden.

 

Klüger als der Osterhase

17. Feber bis 10. April 2021
12 MachMit-Stationen für die ganze Familie
Tiroler Volkskunstmuseum, Museumstraße 15, 6020 Innsbruck
www.tirolerlandesmuseen.at

 

Text: Redaktion, Fotos: Die Fotografen

24. März 2021 um