Florian Pedarnig und seine Familie: Ein Stück Tiroler Musikgeschichte

In dem im Tyrolia Verlag erschienenen Buch „Dem Land Tirol die Treue“ erzählt Dr. Peter Kostner einfühlsam die einzigartige Lebensgeschichte des Osttirolers Florian Pedarnig nach.

Florian Pedarnig wurde 1938 in eine überaus musikalische Bergbauernfamilie in Schlaiten geboren. Noch als Teenager gelang ihm gemeinsam mit seinem Bruder etwas, das viele als Geniestreich bezeichnen würden: Er komponierte den Marsch „Dem Land Tirol die Treue“, der seitdem eine ungeahnte Popularität erfahren hat und heute als „Marschhit“ wohl fast jedem ein Begriff ist. Doch Florian Pedarnigs musikalische Laufbahn hatte noch viele andere Facetten, denen Autor Peter Kostner, ebenso wie den verschiedenen Lebensphasen, in seinem neuen Buch nachspürt – und die wir hier in Auszügen bringen. Sie sollen den Blick auf den Menschen und Musiker Florian Pedarnig öffnen.

 

Dr. Peter Kostner erzählt die einzigartige Lebensgeschichte von Florian Pedarnig nach. Der ehemalige Orchestermusiker und Landeskapellmeister prägte das musikalische Leben im Alpenraum entscheidend mit.

 

Peter Kostners einfühlsames Porträt

„Dem Land Tirol die Treue“ – eine Wortsequenz, die weit über das Land Tirol hinaus Bekanntheit und Bedeutung erlangt hat, aber auch Missdeutungen ausgesetzt war. Der Ursprung liegt in einer kleinen Gemeinde in Osttirol, wo zwei Brüdern aus einer kinderreichen Bauernfamilie in jungen Jahren ganz aus dem Musizier- und Gedankengut der Heimat und der damaligen Zeit musikalisch und literarisch „ein Wurf“ gelungen ist. Ja, der Marsch „Dem Land Tirol die Treue” von Florian und Josef Pedarnig hat weite Kreise gezogen, auch unvorhersehbare und mitunter kuriose Auswüchse erfahren.

 

Das Foto aus dem Familienarchiv zeigt Familie Pedarnig vulgo „Kraßnig“ im Jahr 1949 (2. Reihe ganz links: Florian Pedarnig).

 

Damit ist der Name Pedarnig weit über die Gemeindegrenzen von Schlaiten hinaus bekannt geworden. Das war ursächlich wohl in keiner Weise beabsichtigt. Einen bekannten Namen zu tragen, ist für die Familienmitglieder bis heute von geringer Bedeutung. Vielmehr ist es ihnen wichtig, dass eine Großfamilie mit 16 Kindern auf einem Vollerwerbsbauernhof ein zwar arbeitsames, bescheidenes, aber auch sehr schönes Miteinander gestalten konnte und die noch lebenden Familienmitglieder mit ihren Nachkommen sich allesamt untereinander gut verstehen. Es ist nicht nur erstaunlich, sondern zweifelsohne außergewöhnlich, welche Biografien das Leben für einzelne Pedarnig-Kinder schreiben konnte.

Der Vater am Kraßhof in Schlaiten war nicht nur der „Tate“ und Bauer, sondern auch ein kreativer Kopf und künstlerisch begabter Mensch, der seinen Kindern diesbezüglich viel mitgeben konnte. Die Mutter darf man als fürsorgliche „Mame“ bezeichnen, unter deren Obhut alle Kinder eine gute Erziehung und vor allem ein Heim mit viel Liebe erfuhren. So konnten die Pedarnig-Buben und -Mädchen eine glückliche Kindheit und Jugendzeit erleben und später allesamt ihren ganz persönlichen Weg gehen.

 

Die Brüder Josef und Florian Pedarnig im Jahr 2007

 

Die Musik war ein prägendes Element innerhalb der Familie. Musikalisch zeigten sich die Geschwister Pedarnig alle interessiert und aktiv, zweifellos in unterschiedlichem Ausmaß und unterschiedlicher Intensität. Der auf Grund seiner vielfältigen musikalischen Aktivitäten bekannteste ist wohl Florian. Er zählt mit seinem Wirken ohne Zweifel zu den prägendsten und bedeutendsten Persönlichkeiten der Blasmusik und Volksmusik des gesamten Alpenraums. Seinen Namen verbindet man mit Musik in höchster Qualität, mit richtungsweisenden Entwicklungen, konsequenter Arbeit, immensem Fleiß und vor allem auch mit einer bescheidenen, idealistischen und allen Menschen gegenüber wertschätzenden Grundhaltung.

 

Das Trio Peter Kostner, Florian Pedarnig und Franz Posch (v.l.n.r.) 1983 in Chicago

 

Enormes Können als Musiker, Musikant, Dirigent oder auch als Handwerker, innovative Ideen gepaart mit der gestalterischen Vision zur Umsetzung,  eine enge Verbundenheit zur Heimat und ihren schönen Traditionen, gleichzeitig eine Offenheit für Neues und ein Blick über die Grenzen hinaus sind Qualitäten einer Persönlichkeit, die Nachhaltiges und Vorbildliches hinterlässt. Den „Flor“, wie ihn seine vielen Verwandten, Freunde und Bekannten nennen, mit all seinen Facetten und Aktivitäten in einem Buch zu beschreiben, mag ein Versuch sein, aber es wird ein Versuch bleiben. Zu vielfältig ist der Wirkungskreis. Wenn dieser Versuch trotzdem unternommen wird, dann liegt die Begründung in der Dokumentation der musikalischen Aktivitäten und eines Gedankenguts, das für einen (über-) regionalen Raum große Bedeutung erlangen konnte. Eine entsprechend verstandene und gelebte Verbundenheit zur Heimat und zu deren Traditionen – weitab von jeglichem Chauvinismus – erfährt vielleicht gerade in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung besondere Bedeutung.

 

Das Bild zeigt Florian Pedarnig bei einer Veranstaltung des „Iseltaler Hackbrettlertreffens“, das er in Zusammenarbeit mit den Oberlienzer Volksmusikanten und den Schlaitner Sängern ins Leben rief.

 

So skizziert das Buch unter diesem Aspekt einerseits das Leben der Großfamilie Pedarnig, im Besonderen die persönliche Familiengeschichte des Florian Pedarnig. Andererseits steht sein musikalisches Wirken und dessen weitverzweigte nachhaltige Bedeutung für die Volksmusik und Blasmusik im Fokus. Zwei große Kapitel beleuchten die Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte des Marsches „Dem Land Tirol die Treue“ sowie den besonderen Instrumententypus des Osttiroler Hackbretts. Das Buch ist auch in großer Hochachtung und Dankbarkeit meinerseits verfasst, zumal ich sowohl in der Volks- wie in der Blasmusik wertvolle Unterstützung erfahren und Florian Pedarnig als großes Vorbild kennenlernen durfte.

 

 

Als sehr bescheidenem Menschen mag es Florian Pedarnig ja vielleicht nur zum Teil recht sein, wenn er am Cover eines Buches abgebildet ist und seine Aktivitäten hier dokumentiert sind. Verdient hat er es sich allemal! Lange Zeit war Florian Pedarnig mit guter Gesundheit gesegnet. In den vergangenen Jahren musste er allerdings mit schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen kämpfen. Besonders das Sprechen machte ihm zuletzt große Mühe, was die Recherche erschwerte. Deshalb war die Mithilfe von vielen Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten sehr wertvoll. Allen, die sich unterstützend einbrachten, sei ein großer Dank ausgesprochen; insbesondere Alexandra Pedarnig, die als Tochter sehr viel Zeit für die Material- und Fotosuche investierte, sowie dem Neffen Ludwig Pedarnig, der als Bürgermeister und Chronist in Schlaiten wertvolles Archivmaterial bereitstellen konnte und in vielen Detailfragen behilflich war.                         Peter Kostner

 

Bgm. Ludwig Pedarnig: „Der Flor hat uns viel mitgegeben!“

 

Gedanken von Ludwig Pedarnig, Bürgermeister von Schlaiten und Neffe von Florian Pedarnig:

„Es hat sich eigentlich nicht abgezeichnet, dass einer aus der Großfamilie beim Kraßnig gemeinsam mit weiteren musikalischen Größen die Volksmusik- und Blasmusikszene in unserem Lande so nachhaltig beeinflussen wird. Vielleicht waren die zahlreichen Proben in den verschiedensten Tanzmusikbesetzungen im elterlichen Hause der Grundstein für das spätere Berufsleben von Florian Pedarnig. Auch wird die Gründung der Musikkapelle Schlaiten im Jahre 1952 im 14-jährigen Flor ein gewisses musikalisches Feuer entfacht haben. Ich erinnere mich gerne an meine Zeit als Kapellmeister zurück, wenn wir mit Florian z. B. vor einem Wertungsspiel zu einem intensiven Probenwochenende zusammenkamen. Es hat uns oft selbst überrascht, wie schnell ‚der Schmiss‘ vom Boarischen, das Gefühl bei den Bläserweisen und der Nachstreich beim Wiener Walzer bei den Musikantinnen und Musikanten angekommen ist.

 

Die Brüder Siegfried und Florian Pedarnig im Jahr 2013 auf der „Kraßalm“

 

Die Kompositionen und Blasmusik-Bearbeitungen unseres Onkels haben wir immer gerne und auch mit ein wenig Stolz vorgetragen. Auch die „Schlaitner Sänger“ haben immer wieder vom großen musikalischen Wissen von Flor profitiert. Mir sind viele Auftritte und Erlebnisse in Erinnerung geblieben. Gerne denke ich etwa an die Aufführung der ‚Bauernmesse‘ mit Männerchor und großer Volksmusikbesetzung, die nachhaltige Spuren hinterlassen hat, an Begegnungen am Kolsassberg, an gemütliche Abende auf der Kraßalm usw. – immer mit einem gewissen Maß an Input vom Flor. Wenn wir von ihm Tipps zum Klangausgleich, zur Dynamik usw. bekamen, so nahmen wir es nie als lehrmeisterlich wahr. Der Flor hat es uns einfach mitgegeben, sozusagen zwischen Probe und Hoagascht.

 

2013 wurde Florian Pedarnig der Tiroler Volkskulturpreis verliehen.

 

Abseits der Musik hat sich der Flor auch immer wieder für Kunst und Kultur in unserem Dorf eingesetzt. Als in Schlaiten ein neues Vereinshaus mit Pavillon errichtet wurde, hat er bereits in der Planungsphase gemeint, dass ein Pavillon unbedingt ganzjährig genutzt werden sollte. Bereits zu Weihnachten 1999 – noch vor der Einweihung – war unser Pavillon mit einer wunderschönen Bretterkrippe mit lebensgroßen Figuren geschmückt – ein Geschenk von Flor und seinem Bruder Franz für die Dorfgemeinschaft, das in den folgenden Jahren noch laufend ergänzt wurde.

Das jahrzehntelange Wirken für das musikalische und kulturelle Leben in unserem Dorf hat den Gemeinderat bewogen, dem Flor gemeinsam mit  seinem langjährigen Freund Pater Michael Falkner im Jahre 2008 den Ehrenring der Gemeinde Schlaiten zu verleihen. Und da der Flor meinte, dass er diese Ehre gar nicht verdient hätte, beschenkte er uns wieder mit einem Schmuckstück für den Pavillon am Dorfplatz: eine wunderschöne Darstellung vom ‚Letzten Abendmahl‘ für die Fastenzeit – formatfüllend auf einer großen Leinwand.“

 

 

 

Das Buch

Florian Pedarnig – Dem Land Tirol die Treue – Ein Leben für die Musik

ca. 60 sw. und farb. Abb., geb.
ISBN 978-3-7022-4028-8 256 Seiten, 19,95 Euro

Der Autor

Peter Kostner, Dr. phil., seit 1983 Mitarbeiter des ORF-Landesstudios Tirol (Moderation, Redaktion, Aufnahmeleitung), Professor für Musikpädagogik an der PH Tirol, Mitglied mehrerer Volksmusikensembles, Vorstandsmitglied des Tiroler Volksmusikvereins, 25 Jahre Kapellmeister der Stadtmusikkapelle Wilten.

Buchpräsentationen mit Bildern, Gesprächen und Musik

AINET, Gemeindezentrum, Ainet 90
Ostermontag, 18. April 2022, 16.00 Uhr
Mit Bgm. Berta Staller (Ainet), Bgm. Ludwig Pedarnig (Schlaiten), Autor Dr. Peter Kostner, der Freistundmusig, Martin Weger am Hackbrett, dem 4-Xång aus Schlaiten und LowBrass (Blechbläserquartett der MK Schlaiten)

ABSAM, Landgasthof Bogner, Walburga-Schindl-Straße 21
Dienstag, 19. April 2022, 19.00 Uhr
Mit Landeshauptmann Günther Platter, Autor Dr. Peter Kostner und den Innsbrucker Volksmusikanten (Peter Moser, Peter Reitmeir und Franz Posch)

 

Redaktion: Raimund Mühlburger, Fotos: Chronik Schlaiten, Ottilie Stemberger, privat

13. April 2022 um