Bergsteigerdorf Campill in St. Martin in Thurn: Die Mühlen von Lungiarü

Einen Sprung in die Vergangenheit wagen – das kann man am „Weg der Mühlen“ im Campilltal, einem Paralleltal westlich des Gadertales in Südtirol.

Die Landschaft, die in den Dolomiten eingebettet liegt und als wahre Fundgrube für Naturliebhaber, Wanderer und Bergsteiger gilt, lässt deutlich erkennen, dass sie auch von Menschenhand geprägt ist. Eindrucksvolle Zeugen dafür sind die Weiler und Wassermühlen im Bergsteigerdorf Campill, einem Ortsteil von St. Martin in Thurn, der von der ladinischen Bevölkerung „Lungiarü“ genannt wird. Im Gegensatz zu anderen touristischen Dörfern im Südtiroler Gadertal präsentiert sich Campill noch weitgehend mit ländlichem Charakter – und genau deswegen ist dieses Dorf auch einen Besuch wert. Besonders in den „Viles“ (Weilern) und im Tal der Wassermühlen, die neben dem Bach Seres erhalten geblieben sind, spiegelt sich diese Eigenheit aus einer sehr weit zurückreichenden Geschichte des Dorfes wider.

 

 

Wertvolles historisches Kulturerbe

In Gleichgewicht zwischen der Landschaft, den Menschen und der Umwelt sind insbesondere die Mühlen ein Symbol der Region. Sie gelten einerseits als ein Zeugnis der Subsistenzwirtschaft in der Vergangenheit und andererseits als Ausdruck der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der ladinischen Bevölkerung. Zwischen den „Viles“ von Seres und Mischì in Campill im Gadertal breitet sich heute ein Weg aus, der den BesucherInnen anschaulich die verschiedenen Arten von Wassermühlen näherbringt. Das „La Val di Morins“, so der ladinische Name des Tales der Mühlen, ist ein einzigartiges Museum unter freiem Himmel. Die Route führt an acht alten, aber noch voll funktionsfähigen Wassermühlen vorbei, die alle am Seresbach liegen.

 

 

 

Die Kraft des Wassers wird seit Jahrhunderten für das Antreiben der Schaufelräder der Mühlen und Mühlsteine genützt. Quellen dazu reichen bis ins 11. Jahrhundert zurück. Damals lebten die Bauern von Campill ausschließlich von der Landwirtschaft. Sie bauten Bohnen, Kartoffeln sowie Roggen, Gerste und Hafer an und benötigten die Mühlen zum Mahlen des Korns. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts behielten diese für die Menschen vor Ort so wichtigen kleinen Bauwerke am Seresbach ihre Funktion, bis der Mahlbetrieb in den 60er- und 70er-Jahren allmählich zum Erliegen kam. In den darauffolgenden Jahren verkamen einige Mühlen zu Ruinen. Decken stürzten ein, Treppen brachen zusammen. Um die Zeugnisse alpiner Siedlungsformen vor dem endgültigen Verschwinden zu retten, wurde schließlich ein aufwändiges Projekt in die Wege geleitet. Gemeinsam mit den ältesten Bauern aus Campill, die zum Glück noch über das notwendige Know-how verfügten, konnten die Mühlen einer Generalsanierung unterzogen
und wieder funktionstüchtig hergestellt werden.

 

 

Interessante Führungen

Wer sich für das besondere kulturhistorische Erbe im Campilltal interessiert, der kann an jedem Mittwoch bis zum 8.9.2021 die Gelegenheit nützen, an einer vom Museum Ladin Ciastel de Tor organisierten Führung teilzunehmen. Um Anmeldung unter der Telefonnummer 0039/0474/524020 oder in einem der Tourismusvereine des Gadertals wird ersucht.

 

 

 

Text: J. & E. Hilgartner, Fotos: Archiv Museum Ladin

31. Juli 2021 um