„1250 Jahre Anras“: Eine Gemeinde feiert ihre Geschichte

Mit einem großen, bestens organisierten Festakt mit vielen Highlights erreichte das diesjährige Jubiläumsjahr in Anras am Samstagabend, 27.7., seinen Höhepunkt.

So manche Gemeinde und Stadt in Österreich blickt auf eine lange Geschichte zurück, die vielerorts auch durch archäologische Funde belegt ist. Nur wenigen Orten ist es aber vergönnt, auf eine schriftlich erhaltene, erste urkundliche Nennung im Frühmittelalter verweisen zu können. Zu letzteren gehört Anras im Osttiroler Pustertal. 1250 Jahre ist es her, dass der Name der heutigen Gemeinde in einer Schenkungsurkunde des bayrischen Herzogs Tassilo III. an Abt Atto erstmals erwähnt wurde. 769 ging der Ort „India“ (heutiges Innichen) mitsamt dem Landstrich vom Bache „tesido“ (Taisten- oder Gsieserbach) bis zum „rivolum montis Anarasi“ (Bach vom Anraser Berg/Erlbach) in den Besitz des Klosters Scharnitz über. Hintergrund der Schenkung war es, die Mönche und ihr neu gegründetes Kloster in Innichen mit entsprechenden Landbesitzungen auszustatten, um die Christianisierung der Slawen und die Urbarmachung des Gebietes voranzutreiben.

 

Feierlicher Festakt mit Ansprachen der Ehrengäste, Vorstellung der Festschrift und Siegerprämierung des Kompositionsbewerbes vor dem Anraser Pfleghaus, das einst ein Verwaltungssitz und später Sommerresidenz der Bischöfe von Brixen war. Foto: Toni Außerlechner

 

Auf die Schenkungspolitik Tassilo III. wurde auch im Rahmen des Festaktes zum 1250-Jahr-Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung von Anras am Abend des 27.7. wiederholt Bezug genommen. Michael Goller, ein heute in Innsbruck beruflich tätiger, gebürtiger Anraser, führte durch das Programm. Er kündigte als ersten Festredner Bürgermeister Johann Waldauf an. „Wenn Herzog Tassilo geahnt hätte, dass er mit der Erwähnung des Anraser Berges im Jahre 769 die Basis für dieses Fest und das Jubiläumsjahr 2019 legen würde, dann hätte er sicher den Wunsch gehabt, hier heute dabei zu sein“, so das Anraser Gemeindeoberhaupt einleitend. Johann Waldauf nahm die offizielle Begrüßung der zahlreich erschienenen Ehrengäste vor und freute sich über die große Beteiligung von Seiten der Bevölkerung und über das Kommen vieler auswärts lebender AnraserInnen.

 

Der Anraser Bürgermeister Johann Waldauf betonte, wie wichtig ihm und dem Festkomitee die Einbindung der Bevölkerung und der auswärts lebenden AnraserInnen in die Vorbereitungen und Organisation des Jubiläumsjahres war. „Wir haben 400 Einladungen ausgeschickt, nach Deutschland, Italien, in die Schweiz und innerhalb Österreichs – und viele sind gekommen!“ Foto: Toni Außerlechner

 

Seine Rede nützte der Bürgermeister aber auch dafür, Herausforderungen anzusprechen, die sich aus dem starken Strukturwandel der letzten Jahrzehnte in seiner Gemeinde ergeben. Mit dem Hinweis auf das, was die Vorfahren über Jahrhunderte hier geleistet haben, appellierte er an alle, das Trennende in den Hintergrund zu stellen und das Miteinander noch stärker ins Bewusstsein zu rücken. Als Vertreter des Landes Tirol trat Landesrat Johannes Tratter ans Rednerpult. Er erinnerte sich in seinen Grußworten an seinen ersten Besuch in Anras vor sieben Jahren und daran, wie sehr ihn dieser „wunderschöne Flecken Erde“ beeindruckt habe. Auch sein zweiter Besuch im Rahmen einer Jungbürgerfeier habe, so der Landespolitiker, einen nachhaltig positiven Eindruck hinterlassen. „Ich bin heute sehr gerne hierhergekommen“, so Johannes Tratter, der die Glückwünsche des Landeshauptmannes überbrachte.

 

Christian Schönegger, Kapellmeister der MK Anras, verkündete die Namen der Sieger des Kompositionsbewerbes. Foto: Julian Kollreider

 

Scheckübergabe an den Gewinner des Kompositionsbewerbes im Bereich Chormusik, Pascal Martiné aus Deutschland (Bildmitte). Ihm gratulierten Kapellmeister Christian Schönegger, Bürgermeister Johann Waldauf, Landesrat Johannes Tratter und Raiffeisenbank Sillian-Vorstandsdirektor Reinhard Webhofer (v.re.n.li.). Foto: Julian Kollreider

 

Kapellmeister Christian Schönegger oblag es, über ein Highlight des Jubeljahres – den eigens dafür ausgeschriebenen Kompositionsbewerb für Blasorchester und Chormusik – zu informieren. „19 Werke, sechs für Blasmusikkapellen und 13 für Chöre, wurden eingereicht und vier Werke von einer Jury für die jeweils ersten beiden Platzierungen ausgewählt. An dem Bewerb beteiligten sich Komponisten aus Deutschland, Italien, Schweden und aus ganz Österreich“, so Schönegger. Ihm war es sichtlich eine Freude, für Platz 2 in der Kategorie Chormusik den in Graz lebenden Musiker Leonhard Stampler und für Platz 1 den aus Mainz/Deutschland angereisten Komponisten Pascal Martiné anzukündigen. Beide Chorwerke wurden vom Anraser Kirchenchor stimmungsvoll uraufgeführt.

 

Historiker Wilfried Beimrohr beleuchtete zwei Fragestellungen zur Geschichte von Anras. Foto: Toni Außerlechner

 

Geschichtlich interessante Aspekte hob in der Folge der nächste Festredner, der frühere Tiroler Landesarchiv-Direktor Wilfried Beimrohr, hervor. Er meinte, dass es ein Ding der Unmöglichkeit sei, der langen Historie der Gemeinde in 15 Minuten gerecht zu werden und konzentrierte sich in seinen Ausführungen deshalb auf die beiden Fragen, warum Anras so früh urkundlich erwähnt wurde und warum die Gemeinde erst im Jahre 1803 zu Tirol kam. Seine Ansprache beendete der Historiker mit einer Anekdote: „In den 70er/80er-Jahren des 20. Jahrhunderts habe ich hier in Anras als Soldat des Österreichischen Bundesheeres gegen einen fiktiven Feind `gekämpft` und einen praktischen Teil meiner Ausbildung absolviert. Ich konnte damals nicht ahnen, dass ich so viele Jahre später hier als Festredner zurückkommen würde.“

 

Gottfried Unterweger stellte die neue Festschrift „1250 Jahre Anras” vor. Foto: Julian Kollreider

 

Für einen weiteren Höhepunkt des Festaktes – die Präsentation der Festschrift – zeichnete der aus Anras stammende und heute in Hamburg lebende Inhaber einer Werbeagentur, Gottfried Unterweger, verantwortlich. Er meinte, dass das 1250-Jahr-Jubiläum förmlich nach einer Festschrift `geschrien` habe und dass daraus nun ein Buch geworden sei. Unterweger erläuterte den Aufbau und Inhalt der Publikation und verwies – begleitet von besonders originellen akustischen Akzenten – auf die 14 Vereine in Anras. „Viele haben mitgeholfen, dass das Gemeindebuch gelungen ist. Bewahrt euch den Zusammenhalt und unterstützt die Jugend dabei, hier im Ort verankert zu bleiben. Dann ist Anras eine Gemeinde mit Zukunft!“, sagte er.

Das Festzelt vor dem Anraser Kulturzentrum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Foto: Toni Außerlechner

 

Der abschließende Teil des Festaktes musste aufgrund des einsetzenden Regens in das Festzelt verlegt werden. Hier folgte nun die Prämierung der Gewinner des Kompositionsbewerbes im Bereich Blasmusik. Aus allen anonym eingereichten und von der Jury bewerteten Werken wurden die Kompositionen von zwei Osttiroler Musikern ausgewählt. Jubel brandete im Festzelt auf, als der junge Kapellmeister der MK Hopfgarten i.D., Clemens Blasisker, als Zweitplatzierter und etwas später der Anraser Blasmusiker Roland Fuchs als Erstplatzierter auf die Bühne traten. Ihre beiden Werke wurden von der Musikkapelle Anras uraufgeführt, heftig beklatscht von den hunderten Festbesuchern.

 

Große Freude beim Sieger des Kompositionsbewerbes im Bereich Blasmusik, Roland Fuchs (Bildmitte). Der Anraser spendete sein Preisgeld dem örtlichen Kindergarten. Foto: Toni Außerlechner

 

Bevor die „Zillertaler Haderlumpen“ mit ihrem Auftritt in den gemütlichen Teil des Festes überleiteten, kündigte Bürgermeister Johann Waldauf noch einen ganz besonderen Schlusspunkt des Festaktes an. „Es ist mir eine große Freude, heute einen Gemeinderatsbeschluss umzusetzen, den wir in dieser Form in den letzten 30 Jahren nur sechs Mal hatten, nämlich die Verleihung des Anraser Ehrenringes an eine verdiente Persönlichkeit. Am 17.7.2019 haben wir einstimmig beschlossen, damit Gottfried Unterweger auszuzeichnen.“ Der neue Ehrenringträger zeigte sich sehr berührt und bedankte sich für die große Ehre. „Ich bin Anras sehr verbunden und werde es auch weiterhin bleiben. Ich habe meiner Heimat viel zu verdanken!“

 

Aus der Südtiroler Marktgemeinde Innichen, die in diesem Jahr ebenfalls das 1250-Jahr-Jubiläum begeht, reiste Bürgermeisterin Rosemarie Burgmann (Bildmitte) an. Anstelle der Bezirkshauptfrau nahm BH-Stv. Karl Lamp (rechts außen) am Festakt teil. Die Raiffeisenbank Sillian, Sponsor des Kompositionsbewerbes, vertrat Vorstandsdirektor Reinhard Webhofer (2.v.li.). Foto: Toni Außerlechner

 

In die Riege der Ehrengäste reihte sich auch der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi – seine Mutter stammt aus Anras – ein. Im Bild Georg Willi mit seinem Cousin, VD Josef Mascher, Obmann des Anraser Kulturfensters und Chorleiter des Anraser Kirchenchores. Foto: Osttirol heute

 

Hier weitere Bilder der Festveranstaltung in Anras von Julian Kollreider und Toni Außerlechner zum Durchklicken!

 

Text: E. & J. Hilgartner, Fotos: Julian Kollreider, Toni Ausserlechner und Osttirol heute

29. Juli 2019 um