Wenn uraltes Handwerk auf Brauchtum trifft

Wir besuchten den Schmied Eduard Moser in seiner Werkstatt in Dölsach und erfuhren viel über das mythenumwobene Handwerk, über Brauchtum und das Spiel der Elemente.

Erze werden eingeschmolzen, Metalle erzeugt, und der Schmied gestaltet daraus mit seiner Hände
Arbeit allerhand Nützliches und Künstlerisches. „Die Technik zur Verformung metallischer Legierungen hat sich in den Jahrtausenden kaum verändert. Ein Schmied benötigt grundsätzlich nur drei Dinge für sein Handwerk: Feuer, Hammer und Amboss“, erklärt Eduard Moser, in dessen Familie das Schmiedehandwerk  seit Generationen ausgeübt wird, in wenigen Worten die Grundlagen seiner Arbeit. Für die Befeuerung verwendet er in seiner Werkstatt Steinkohle. „In früherer Zeit verfügte jedes Dorf über einen eigenen Schmied. Er fertigte alles, was im Haus, auf den Höfen, am Feld und in den Gewerbebetrieben zum Einsatz kam – von Werkzeugen und Gerätschaften über Pfannen und Pflüge bis hin zu Nägeln und Schrauben. Ein wichtiger Teil der Arbeit war natürlich das Beschlagen der Pferde“, weiß der Dölsacher Historisches zu berichten.

moserschmied2_c_brunner

Dass sein Handwerk eng mit dem Spiel der Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde verbunden ist, sei wohl ein Grund, warum damit seit jeher etwas Geheimnisvolles und sogar Mystisches verbunden wurde. „Mit der Steinkohle – also dem Element Erde – wird das Feuer geschürt, das wiederum die Metalle zum Glühen bringt. Mit dem Element Wasser wird der Werkstoff gehärtet und abgekühlt, und schließlich bedarf es des Elementes Luft, damit Feuer überhaupt entstehen kann.“ Eduard Moser
dringt gerne tief in seine Profession ein, das merkt man ihm an. „Dass dem Schmied etwas Mystisches anhaftet, hat wahrscheinlich damit zu tun, dass er das Feuer beherrscht und aus Eisen etwas erzeugen
kann – für den einfachen Menschen im Mittelalter etwas schier Unmögliches. Außerdem war der Schmied in früherer Zeit sehr mit der Erzeugung von Waffen beschäftigt.“ In Sagen, Märchen oder auch in Opern kommt das Handwerk des Schmieds besonders häufig vor. In der griechischen Mythologie nahm Hephaistos die Rolle des Gottes des Feuers und der Schmiede ein, bei den Römern war dies
Vulcanus.

moserschmied3_c_brunner

Heute heißen die auf dem traditionellen Handwerk basierenden Berufe „Metalltechniker“, „Schlosser“,
„Schmied“, „Kunstschmied“ und „Landmaschinentechniker“. Eduard Moser deckt in seiner Werkstatt die ganze Palette ab. Im Bereich Stahlbau fertigt er von Zäunen und Stiegen bis hin zu zu Vordächern und Hallen alles, was seine Kunden wünschen. Viel beschäftigt sind er und seine Mitarbeiter auch im Bereich Landmaschinen. Traditionelle Arbeiten werden beispielsweise für den Kirchturmdecker ausgeführt. Eine enge Abstimmung mit dem Denkmalamt ist dafür meist erforderlich. „Wenn es sich ergibt, widme ich mich auch der klassischen Kunstschmiede-Arbeit – wie zum Beispiel der Herstellung eines Grabkreuzes. Figuren aus Holz oder Stein in Kombination mit Eisen für den Wohnraum oder Garten anzufertigen, bereitet mir in letzter Zeit besonders viel Freude. Und jetzt kommt auch wieder die Zeit, in der in meiner Werkstatt verstärkt Brauchtumsbegeisterte vorbeischauen, die Utensilien für das traditionelle Krampus-Brauchtum benötigen – Glocken, Gurte oder manchmal auch einen Nikolausstab.“

moserschmied4_c_brunner
Mit dem Brauchtum im Dorf ist Eduard Moser seit seiner Kindheit und Jugend eng verbunden. Im Jahr 1996 war er an der Gründung des Kultur- und Brauchtumsvereins „Heimürrach“ beteiligt, der den Brauch des Krampuslaufens in Dölsach wieder aktiviert hat. „Ende der 1980er-Jahre waren in Dölsach Anfang Dezember vielleicht drei oder vier Krampusse unterwegs“, schmunzelt er. „Heute gibt es wieder ein lebendiges Krampuslaufen mit Hausbesuchen des Nikolaus und vielen Larventrägern, die in der Dämmerung durch die Dölsacher Ortsteile ziehen, und das Tischziachn“. Glocken für die Dölsacher
Krampusse hat schon Eduards Vater gerne angefertigt. Glocken in verschiedener  Form, in diversen Größen und und mit differentem Klang werden heute in der Dölsacher Schmiede, aber auch für Krampusse aus den Osttiroler Tälern oder dem benachbarten Oberkärnten hergestellt. Die Produktion des „Geläutes“ – wie Glocken und Gürtel zusammen genannt werden – zieht sich über das ganze Jahr. „Ich kaufe das Blech, schneide es zu, erhitze es und treibe daraus die Glocke. Zum Teil pressen wir diese auch in Form“, erklärt der Schmied das Entstehen einer Krampusglocke. Bis zu 20 kg wiegt ein Geläute. Den mit Schnallen verstellbaren Kreuzgürtel fertigen die Handwerker in Dölsach aus Gummi, da dieser länger hält.

moserschmied5_c_brunner

Welche Glocke der einzelne Krampus auch benötigt, in Mosers Werkstatt wird sie hergestellt. „Im Iseltal bevorzugen die ‚Kleibeife‘ die eher länglichen Tuschglocken, im Lienzer Talboden ist die Froschmaulschelle – sie hat die Form einer Kuhglocke – sehr beliebt, und die Kärntner mögen eher die kleinen, runden Schellen“, erläutert der Dölsacher sein breites Sortiment. Er beobachtet – vor allem in seiner Heimatgemeinde – heuer einen Trend hin zur größeren Glocke. „Froschmaulschellen mit einer Maulbreite von 300 Millimetern verkaufe ich häufig. Mein Vater hat eine eigene Glocke entwickelt, die wir in unserer Werkstatt immer noch produzieren“, verrät er uns und zeigt sich ein wenig stolz, dass Krampusse und Perchten auch eine Anfahrtszeit von über fünf Stunden in Kauf nehmen, um spezielle Glocken und Gurte aus der Dölsacher Schmiede zu erwerben. „Vor Kurzem kamen Kunden aus dem Kleinwalsertal in meine Werkstatt und zeigten sich äußerst interessiert. Mir fällt auf, dass vermehrt auch Kunden aus Bayern anreisen. Dort sind in den letzten Jahren viele neue Brauchtumsvereine entstanden, die sich mit dem Krampus- Brauchtum beschäftigen“, erzählt er. Selten, aber doch werde auch ein neuer Nikolausstab geordert. „Den Stab für den heiligen Mann schmieden wir aus Eisen. Der Aufsatz wird mit einer speziellen Goldfarbe lackiert. Auf speziellen Wunsch haben wir dafür aber auch schon auf Blattgold zurückgegriffen“, so der begeisterte Schmied abschließend.

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Brunner Images, Osttirol Journal/Hotzler

29. Oktober 2015 um