„Blutschnee“ auf der Badener Hütte: Algen färben den Schnee derzeit rosarot

Ein seltenes Naturphänomen zeigt sich derzeit in der Venedigergruppe besonders stark. Verursacher für den rotgefärbten Schnee sind einzellige Grünalgen.

Marco Steiner, Wirt der Badener Hütte in Matrei in Osttirol, hat uns Bilder zur Verfügung gestellt, die das Naturphänomen des „Blutschnees“ eindrucksvoll zeigen. „Derzeit sind wir mit Versorgungsflügen für die Hütte beschäftigt. Dabei haben wir diese roten Schneefelder entdeckt. Der so genannte ,Blutschnee‘ tritt heuer besonders stark auf“, so der Medizin-Student. Seit 2009 bewirtschaftet er in den Sommermonaten die Badener Hütte. Mit auf der Hütte dabei sein wird in der heurigen Sommersaison nicht nur seine Lebensgefährtin Verena, sondern auch Tochter Sophia, die erst ein halbes Jahr alt ist.

 

 

Das Phänomen des „Blutschnees“ wurde bereits von Aristoteles und den Wikingern beschrieben. Im Hochgebirge tritt es vornehmlich während der Schneeschmelze und in Polargebieten in den Sommermonaten auf. Verursacher sind einzellige Grünalgen, die sich perfekt an ihren Lebensraum anpassen. Im Hochgebirge überstehen sie nicht nur extreme Temperaturen, sondern auch starke UV-Strahlung und Nährstoff-Mangel. Die rote Farbe im Schnee wird durch die Alge Chlamydomonas nivalis hervorgerufen. Bei den roten Gebilden handelt es sich um photosynthetisch aktive Dauerstadien, die auch als Sporen bezeichnet werden.

 

 

Wenn der Schnee im Hochgebirge zu schmelzen beginnt, fangen die Algen an zu keimen. Sie steigen in der Schneedecke hoch, bis sie genügend Sonnenlicht für die Photosynthese und ihr Wachstum zur Verfügung haben. Die normalerweise typische Grünfärbung der Zellen dieser Algengruppe durch Chlorophylle ist beim „Roten Schnee“ – wie er sich jetzt in der Venedigergruppe zeigt – durch sekundäre Carotinoide überdeckt. Das Besondere an der Alge Chlamydomonas nivalis ist, dass sie einen lipidlöslichen Farbstoff bildet, um sich vor der UV-Strahlung zu schützen.

 

Die Badener Hütte liegt auf 2.608 Metern Seehöhe im wildromantischen Froßnitztal im Gemeindegebiet von Matrei in Osttirol. Das Schutzhaus des Zweiges Baden des Österreichischen Alpenvereins ist ein beliebter Stützpunkt auf dem Venediger Höhenweg. Eine besonders schöne und anspruchsvolle Tour führt auf die 3.329 Meter hohe Kristallwand. Über die Galtenscharte gelangt man zur Bonn-Matreier Hütte im Virgental und über das wunderschöne Löbbentörl in das Gschlößtal sowie auf die Prager Hütten.

 

„Das Phänomen, dass Sand aus der Sahara den Schnee im Hochgebirge rot färbt, ist vielen bekannt, die regelmäßig in den Bergen unterwegs sind. Jetzt handelt es sich aber eindeutig um ,Blutschnee‘, bei dem der Altschnee durch Mikroorganismen rosarot gefärbt wird“, sagt Hüttenwirt Marco Steiner. Der Zweig Baden des Österreichischen Alpenvereins ist Eigentümer der Badener Hütte auf 2.608 Metern Seehöhe. „Derzeit führt der  Alpenverein noch Instandhaltungsarbeiten durch. Ab Samstag, 4. Juli, haben wir unsere Hütte wieder für Wanderer und Bergsteiger geöffnet. Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir über viele Zimmer verfügen. In den Matratzenlagern bauen wir Abtrennungen ein, um die Corona-Vorschriften einzuhalten. Wir freuen uns jedenfalls alle schon auf die Sommersaison und auf viele Gäste“, so Marco Steiner.

 

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Steiner

22. Juni 2020 um