„Sucht hat immer mit Suche nach Beziehungen zu tun“

Auf Einladung der Studentenverbindung „Görz zu Lienz“ hielt Bezirksinspektor Reinhard Steinbauer am 14. Juni 2013 ein Referat zum Thema „Drogenstadt Lienz?“. Zahlreiche jugendliche und erwachsene Zuhörer lauschten am Freitag, 14. Juni 2013, dem Referat von Bezirksinspektor Reinhard Steinbauer, der für die Polizei als Suchtbeauftragter im Bezirk Lienz tätig ist. Organisiert hatten die viel besuchte Informations- und Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Drogenstadt Lienz?“ Rechtsanwalt Dr. Gerhard Seirer und Alexander Zollner von der Studentenverbindung „Görz zu Lienz“. Steinbauer ging zunächst auf das Suchtmittelgesetz ein und erläuterte, welche Substanzen in Österreich verboten sind. „Im Suchtmittelgesetz steht, dass der Erwerb, der Besitz, das Anbieten oder das Überlassen jeglicher Substanzen, die im Paragraph 27 angeführt sind, verboten ist, dazu gehört auch Cannabis“, erklärte Steinbauer. Er ging auch auf die von ihm als „legale Drogen“ bezeichneten Substanzen Alkohol und Nikotin ein. „Über Alkohol gibt es nur Bestimmungen im Jugendschutzgesetz, ab dem Alter von 18 Jahren kann jeder so viel Alkohol konsumieren, wie er will. Ich lasse mich gerne auf die Diskussion ein, was gefährlicher ist – ein Joint oder der regelmäßige Konsum von Alkohol. Aber es nützt nichts, THC – also die in Cannabis enthaltene psychoaktive Substanz – ist im Suchtmittelgesetz angeführt und deshalb dezidiert verboten“, so der Suchtbeauftragte.

Anschließend erläuterte er die rechtlichen Konsequenzen des Kontaktes mit illegalen Drogen. Nach der Beschuldigtenvernehmung würden Untersuchungen beim Amtsarzt und Beratungsgespräche folgen. „Diese Beratungen kann der Beschuldigte durchaus auch als positiv für sich nutzen. Wenn er oder sie alle Auflagen erfüllt, gibt es kein Gerichtsverfahren. Da sind wir dann schon bei der viel diskutierten Entkriminalisierung“, sagte der Bezirksinspektor.

Alexander Zollner von der Studentenverbindung „Görz zu Lienz“ hat gemeinsam mit Dr. Gerhard Seirer die Informations- und Diskussionsveranstaltung organisiert und freute sich über die vielen Besucher.

Als besonders gefährlich bezeichnete Steinbauer den so genannten „Mischkonsum“ – also die gleichzeitige Einnahme von beispielsweise Drogen, Alkohol und Tabletten – und das Verwenden von Streckmitteln. „Streckmittel sind oft gefährlicher als die Substanz selbst. Immer häufiger werden Substanzen auch im Internet bestellt und selbst zusammengemischt. Das verurteile ich ganz scharf, und ich warne davor. Man kann nicht abschätzen, welche Substanz man verwendet, und eine falsche Dosierung kann im Extremfall tödliche Folgen haben“, warnte Steinbauer.

Neben der Repression habe die Polizei vom Gesetz her vor allem auch die Suchtprävention als Aufgabe, die darauf abziele, Sucht zu verhindern, bevor sie entsteht. Gemeinsam mit dem Suchtkoordinator des Landes und abgestimmt mit den Schulärzten hält Reinhard Steinbauer vor Schülerinnen und Schülern ab der achten Schulstufe regelmäßig Vorträge. Im Steigen begriffen seien in den letzten Jahren vor allem auch Verhaltenssüchte – also zum Beispiel die Online-Sucht oder die Spielsucht. „Mit diesen Verhaltenssüchten werden wir in Zukunft zusätzlich zur Substanzsucht sehr stark konfrontiert sein“, so Steinbauer. Sucht hat seiner Meinung nach immer etwas mit der Suche nach Beziehungen zu tun. „Wenn ich genügend Beziehungen habe – sei es in der Familie, in der Schule oder im Freundeskreis – bin ich automatisch weniger suchtgefährdet“, meinte der Suchtbeauftragte abschließend. Anschließend an den aufschlussreichen Vortrag wurde im Vereinsheim der Studentenverbindung „Görz zu Lienz“ mit den Experten noch angeregt über die Themenkreise Drogen, Süchte und die rechtlichen Rahmenbedingungen und Konsequenzen diskutiert.

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: © Osttirol heute

18. Juni 2013 um