Theaterwerkstatt Dölsach: Auf den Spuren Franz von Defreggers

Mit dem Stück „Zum 100. Todesjahr von Franz v. Defregger – vom Bauernsohn zum Ritter“ will die Theaterwerkstatt Dölsach den berühmten Osttiroler Maler in den Fokus rücken.

Der Künstler Franz von Defregger wurde am 30. April 1835 am Ederhof in Stronach (heutige Gemeinde Iselsberg-Stronach) geboren und starb am 2. Jänner 1921 in München. „Als ich das erste Mal, als Siebzehnjähriger, Defregger in seinem Münchener Atelier besuchen durfte, hatte ich ungefähr das Gefühl, das der Katholik hat, wenn er vor dem Papste steht. Er war für mich ein Heiliger. Worte fand ich nicht, mein bewegtes Herz zu erleichtern, so griff ich in der Verwirrung nach seiner Hand und küsste sie.“ Das schrieb der Malerfürst Albin Egger-Lienz zum 80. Geburtstag von Franz von Defregger im Tiroler Anzeiger. Diesen Zeitungsartikel vom 30. April 1915 hat Erna Inwinkl neben unzähligen Briefen, Aufzeichnungen und Artikeln über den großen Sohn Osttirols, dessen Vorfahren aus dem Dölsacher Ortsteil Görtschach stammen, gesammelt.

 

Franz Defregger wurde am Ederhof in Stronach geboren und entwickelte sich vom Bauernbub zum gefeierten Maler. Als zum Ritter Geadelter starb er am 2. Jänner 1921 in München. Foto: AdobeStock/wowinside

 

„Mein Ururgroßvater war der Onkel des Malers. In Dölsach und Iselsberg sind viele Familien mit Defregger verwandtschaftlich verbunden. Zum 100. Todestag wollen wir die große Persönlichkeit und das künstlerische Werk mit einem Theaterstück in Erinnerung rufen. Die Basis dafür bilden die Lebenserinnerungen Defreggers“, erzählt Erna Inwinkl, die Chronistin der Theaterwerkstatt Dölsach. Sie entwickelt das Stück und hat auch die Projektleitung inne.

Bergbauernbub vom Ederhof in Stronach

„Ganz so inbrünstig wie Egger-Lienz damals verehren und sehen wir Defregger heute nicht mehr. Mit dem Theaterstück wollen wir aber in seine damalige Welt eintauchen. Es geht um einen Bergbauernbub, der sehr früh seine Mutter und zwei Geschwister verloren hat. Er hütet Kühe und muss als 14-Jähriger ein unwilliges Ross nach Sexten auf die Alm bringen. Er steigt am elterlichen Hof zum Rossknecht auf und spielt als Jugendlicher mit großer Freude das Flügelhorn in der Dölsacher Musikkapelle“, verrät Erna Inwinkl inhaltliche Details. Das Stück soll davon handeln, wie ein Bauernsohn aus seiner ländlichen Umgebung ausbricht und sich in der Großstadt zum gefeierten Maler entwickelt, der sogar zum Ritter geadelt wird.

 

 

Ausbildung in Innsbruck und München

Durch den frühen Tod seines Vaters musste Franz Defregger im Alter von 23 Jahren den elterlichen Hof übernehmen, erkannte aber bald, dass er als Bauer nicht geeignet ist. Er stellte sich gegen den damaligen Zeitgeist, folgte seiner inneren Überzeugung und fürchtete sich nicht, in eine ungewisse Zukunft zu gehen. Er wollte nach Amerika auswandern – daraus wurde aber nichts. „Zu Fuß ging Defregger 1860 nach Innsbruck, wurde bei Prof. Michael Stolz vorstellig – übrigens mit einem Empfehlungsschreiben des Dölsacher Pfarrers – und begann an der Innsbrucker Gewerbeschule eine Bildschnitzer-Lehre.“ Noch im gleichen Jahr stellte Professor Stolz seinen Schüler beim Historienmaler Karl Theodor von Piloty an der Akademie der Bildenden Künste in München vor. Dort besuchte der junge Defregger die Vorbereitungsklasse an der Königlichen Kunstgewerbeschule bei Hermann Dyck. Am 19. Juli 1861 bestand er die Aufnahmeprüfung an der Königlichen Kunstakademie und immatrikulierte sich für die Malklasse des Cornelius-Schülers Hermann Anschütz.

 

 

Defregger wurde gefeiert – und blieb bescheiden

„Das zeichnerische Talent war schon beim Kind Franz Defregger sehr ausgeprägt. Seine unübertreffliche Art, die feinsten Gefühlsregungen mit dem Pinsel festzuhalten und so ganze Geschichten zu erzählen, führte ihn in die allerhöchsten Kreise der Gesellschaft. Er saß zu Tisch mit Prinzregent Luitpold von Bayern und erhielt von König Ludwig II. die Professur an der Akademie der Bildenden Künste in seiner Wahlheimat München verliehen. Damals wurde Defregger enthusiastisch gefeiert und verehrt. Sein Erfolg gipfelte 1883 in der Verleihung des bayrischen Kronordens, der ihn als Ritter Franz von Defregger und somit in den persönlichen Adelsstand erhob.“

Trotz seines Erfolges und der vielen Ehrungen und Auszeichnungen blieb Defregger bescheiden und vergaß auch seine Wurzeln in Dölsach nicht. Er unterstützte großzügig Freunde und Verwandte, beim großen Brand in Görtschach sogar eine ganze Ortschaft. In der Dölsacher Ortschronik, Band 1, von Prof. Josef Astner, ist zu lesen: „S.M. der Kaiser hat auf Bitten der Gemeindevorstehung Görtschach für die Abbrändler 300 fl aus Privatmitteln gespendet. Auch Mitglieder des Kaiserhauses spenden. Maler Franz Defregger spendet für die Abbrändler 1200 fl. Der Tiroler Landtag lehnt Gesuch um Spenden ab.“

 

 

Harte Schicksalsschläge

Privat musste Defregger den Tod zweier seiner sieben Kinder beklagen, zwei Töchter starben im Kindesalter. Auch seine Frau verlor er. Sie wurde nur 47 Jahre alt. Künstlerisch blieb Defregger seinem Malstil treu und schloss sich nicht der „Moderne“ an. „Er verlor mehr und mehr an Ansehen, und sein Ruhm verblasste. Defregger starb am 2. Jänner 1921 im Alter von 85 Jahren in München. Mit unserem Theaterstück wollen wir nicht nur sein künstlerisches Werk, sondern auch seinen Mut, seine Bescheidenheit und seine Großzügigkeit ehren“, so Erna Inwinkl.

 

Die Mitglieder der Theaterwerkstatt Dölsach: Erna Inwinkl, Obmann Wolfgang Michor, Elisabeth Steiner-Riedl, Andreas Köck, Doris Köck, Wilfried Walder (v.l.n.r.). Sie entwickeln gemeinsam das Theaterstück zu Ehren Franz von Defreggers. Die Premiere ist für den 25. September 2021 geplant. Foto: Antonia Michor

 

Das Theaterstück

In 16 Bildern soll das Leben Franz von Defreggers szenisch erzählt werden – von Videoeinspielungen und mit Musik untermalt. „Wie immer bei der Theaterwerkstatt Dölsach erarbeiten wir auch unser neues Stück im Team und lassen die Ideen und die Kreativität aller einfließen. Wir wollen die Geschichte ,unseres‘ Defreggers erzählen – die Geschichte eines willensstarken Mannes, der unbeirrt seinen Weg gegangen ist. Defreggers Wurzeln liegen in Görtschach, von wo seine Vorfahren stammen. Bei uns in Dölsach ist der Maler vielerorts präsent, und einige Mitwirkende am Theaterstück sind mit ihm weitschichtig verwandt“, erzählt Erna Inwinkl.

Auch Wolfgang Michor, Obmann der Theaterwerkstatt Dölsach, betont die starke Verbundenheit Franz von Defreggers mit der Gemeinde Dölsach. „Defregger ist aus dem Dölsacher Kulturgut nicht wegzudenken. Trotz seiner großen Erfolge blieb er auch als zum Ritter Geadelter bescheiden, liebte die Ruhe am Anna-Schutzhaus und war äußerst großzügig. Er folgte seiner Passion mit großer Hingabe und viel Mut. Ich sehe Franz von Defregger
deswegen auch als großes Vorbild!“

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Martin Lugger, AdobeStock/wowinside, Antonia Michor

07. Mai 2021 um