Vordenken stellte Lehre in den Blickpunkt

Um das Image der Lehre ging es bei einem Impulsreferat von Dr. Norbert Lachmayr und bei der anschließenden Podiumsdiskussion am 7. Juni  in der Arbeiterkammer.  

Der 1. Österreichische Lehrlingsmonitor ist eine Studie, in der rund 6.500 Lehrlinge im letzten Lehrjahr zu ihrer unmittelbaren, selbst erlebten Situation in der betrieblichen Ausbildung befragt wurden. Norbert Lachmayr, Studienleiter am Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung, fasste die Ergebnisse in einem Impulsvortrag zusammen, der von der Arbeiterkammer Lienz im Rahmen des Projektes „Vordenken für Osttirol“ organisiert wurde. In der anschließenden Podiumsdiskussion ging es um das Image der Lehre.

Rund 70% der Jugendlichen gaben an, mit der Lehre den eigenen Berufswunsch verwirklicht zu haben. Für etwa 13% war dieser Ausbildungsweg hingegen eine Notlösung beziehungsweise die Folge eines unklaren Berufswunsches. Mehr als 70% fühlen sich im Betrieb als Arbeitskollege voll akzeptiert, sie übernehmen verantwortungsvolle Aufgaben und werden auch in größere Arbeits-/Produktionsprozesse eingebunden. Die Feedbackkultur und Mitbestimmung in der Ausbildung wird hingegen als deutlich geringer erlebt. So gaben 38% der Lehrlinge an, dass regelmäßige Besprechungen über den Fortschritt in der Ausbildung stattfinden, 40% verneinten dies.

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Friedrich Wieser ist Bezirksinnungsmeister der Osttiroler Tischler und bildet seit vielen Jahren Lehrlinge aus. Er räumte ein, vom Dokumentieren und Reflektieren zunächst nicht begeistert gewesen zu sein. „Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass es extrem wichtig ist und wir Ausbildner diesen Bürokratieanteil auf uns nehmen sollten“, so Wieser. 16% der befragten Lehrlinge sahen sich mit großen Problemen konfrontiert, meist Konflikten mit anderen Mitarbeitern oder Vorgesetzten. Etwa 20% würden weder Betrieb noch Beruf wieder wählen. „Diese Werte kommen mir sehr hoch vor“, stellte Norbert Lachmayr fest.

Der Lehrlingsmonitor beinhaltet auch einen Index für betriebliche Rahmenbedingungen. Die Berufe mit den besten Bewertungen sind ProduktionstechnikerIn, MaurerIn, MetalltechnikerIn, Bankkaufmann/-frau, Zimmermann, Installations- und GebäudetechnikerIn, VerwaltungsassistentIn und LandmaschinentechnikerIn. Die schlechtesten Bewertungen erhielten der Einzelhandel sowie die Berufe MalerIn, BeschichtungstechnikerIn, Hotel- und GastgewerbeassistentIn, FriseurIn, Gastronomiefachmann/-frau, Koch/Köchin, Restaurantfachmann/-frau sowie KarosseriebautechnikerIn.

Entwicklungspotenzial sah die Expertenrunde in der engeren Abstimmung zwischen den Betrieben und den Berufsschulen. Mag. Reinhard Lobenwein von der Wirtschaftskammer wünscht sich, dass die Lehre als wichtiger Teil des gesamten Bildungssystems wahrgenommen wird und sprach damit das „Buhlen“ der Schulen um die sich ständig verringernde Zahl der Pflichtschüler an. Einig war man sich auch darüber, dass die Jugendlichen derzeit zu früh die Berufsentscheidung treffen müssen.

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Brunner Images

11. Juni 2016 um