Felbertauern: Mega-Bau knapp vor Fertigstellung

Knapp 27 Monate sind seit dem Felssturz am Felbertauern in Matrei i.O. ins Land gezogen. Seitdem hat sich an der „Lebensader Osttirols“ sehr viel getan.

Es sind beeindruckende Zahlen, die das aktuell größte Bauprojekt in Osttirol kennzeichnen: 3,48 Kilometer lang ist der neue Straßenabschnitt, der einen Höhenunterschied von knapp 130 Metern überwindet und der großteils 2-streifig, in Teilabschnitten auch 3-streifig, ausgeführt ist. Vier große Brückenkonstruktionen (Daberbachbrücke 1 und 2, Kehren- und Hangbrücke) sind entstanden, die das Projekt seit dem Start der Bauarbeiten am Dienstag nach Ostern 2014 stark prägen. Besonders spektakulär ist die 184 Meter lange Hangbrücke, das Kernstück des Straßenabschnittes Schildalm. Zwei längslaufende Stahlträger als dicht geschweißte Hohlkästen bilden den Hauptteil der 370 Tonnen schweren Konstruktion, die die Ausbruchdeponie der einstigen Tunnelbaustelle quert. Alleine in Kehre 2 wurden 90.000 Kubikmeter Erdmassen bewegt, insgesamt umfassten die Erbau-Kubaturen 300.000 Kubikmeter. 1.920 Laufmeter Schutz- und Lawinendämme wurden errichtet, 4.950 Quadratmeter Schutznetze und Spritzbetonsicherungen umgesetzt und 13.100 Laufmeter Fels- und Erdanker verlegt. 4.600 Kubikmeter Beton und 575 Tonnen Betonstahl flossen in das neue Bauwerk ein, weitere 570 Tonnen kamen im Zuge der Errichtung der vier Brücken zum Einsatz.

Der neue Straßenabschnitt, mit einem Kostenvolumen von ca. 18,5 Mio. Euro umgesetzt, umfasst vier große Brückenbauwerke.

Der neue Straßenabschnitt, mit einem Kostenvolumen von ca. 18,5 Mio. Euro umgesetzt, umfasst vier große Brückenbauwerke.

„Die offizielle Eröffnung ist für den 5. September 2015 geplant“, erklärt Mag. Karl Poppeller. „Wir werden den neuen Straßenabschnitt jedoch schon vorher für den Verkehr freigeben.“ Der Vorstand der Felbertauernstraße AG, der mit seinem Team rund um den technischen Leiter der FAG, DI (FH) Michael Köll, und in Kooperation mit vielen Unternehmen in den vergangenen 16 Monaten intensiv an der Realisierung des anspruchsvollen Bauvorhabens arbeitete, informiert: „Es stehen in den nächsten Tagen bzw. Wochen noch einige wetterkritische Arbeiten, insbesondere Asphaltierungsmaßnahmen, an. Insgesamt sind schließlich 14.750 Tonnen Asphalt zu verarbeiten. Wir sind aber zuversichtlich, alles rechtzeitig bis zum 21. August abwickeln zu können!“ Mag. Poppeller, der selbst stark in das Baugeschehen involviert war und ist, beurteilt die neue Trasse als gelungenes Werk: „Je weiter wir mit den Arbeiten voranschreiten, desto deutlicher wird, dass der neue Straßenabschnitt wunderbare Blicke ins hintere Tauerntal eröffnet und dass die Route nicht nur optimal geplant, sondern auch sehr schön umgesetzt wurde. Alleine die Brückenbauten sind ohne Übertreibung als Meisterwerke der Baukunst zu bezeichnen.“ Künftig werde man, so der Felbertauernstraße AG-Vorstand, bei Marketingmaßnahmen der FAG sicherlich auch auf Fotos des optisch beeindruckenden Straßenabschnittes Schildalm setzen.

Mit der Errichtung der Ersatzstraße in Rekordbauzeit konnte man die Einbußen bei den Mauteinnahmen beschränken.

Mit der Errichtung der Ersatzstraße in Rekordbauzeit konnte man die Einbußen bei den Mauteinnahmen beschränken.

Die Baukosten beziffert Karl Poppeller mit rund 18,5 Millionen Euro, insgesamt sieht sich die FAG seit Mai 2013, verursacht durch den Felssturz, mit einer Schadenssumme von rd. 27 Millionen Euro konfrontiert. „Aus heutiger Sicht war vor allem die Ersatzstraße, die wir in einer Rekordbauzeit von nur knapp sechs Wochen eröffnen konnten, die richtige Entscheidung. Mit diesem lebenswichtigen „Bypass“ (Kostenrahmen: ca. 2,5 Mio. Euro)  konnten wir nicht nur enorme Folgeschäden von der gesamten Osttiroler Wirtschaft, sondern auch einen Totalausfall bei den Mauteinnahmen abwenden. Die Ersatzstraße hat auch während der Wintermonate 2013/2014 und 2014/2015 gut funktioniert. Hinsichtlich der Mauteinnahmen aus dem PKW-Sektor liegen wir derzeit fast wieder auf dem Niveau des Jahres 2012, d.h. das ursprünglich befürchtete Ausmaß bei den Einbußen ist nicht eingetreten. Eine größere Differenz verzeichnen wir nur im LKW-Bereich. Hier fehlen uns immer noch rund 20 Prozent, bezogen auf das Jahr vor dem Felssturz.“

Als nächste Aufgaben steht die Sanierung bzw. Erneuerung von Galerien auf der Nord- und Südseite des Felbertauern an.

Als nächste Aufgaben steht die Sanierung bzw. Erneuerung von Galerien auf der Nord- und Südseite des Felbertauern an.

„Die extrem ungünstigen Wetterbedingungen und die daraus resultierenden Erschwernisse bei den Erdarbeiten im Talbauabschnitt (Anm. der Redaktion: Im August 2014 blieben von 31 nur vier Tage regenfrei), aber auch die späten Schneefälle im heurigen Frühjahr machten immer wieder einen Tritt auf die Baubremse nötig. Außerdem stellten uns die bekannten geologischen Bedingungen, etwa im Hang unterhalb der Mautstelle, vor große Probleme.“ An dem riesigen Bauwerk waren lt. Angaben der FAG ab Osterdienstag 2014 bis zu 108 Arbeiter gleichzeitig tätig und bis zu 51 Baugeräte, inklusive großer Bagger, Walzen und LKW, im Einsatz. Am 19.12.2014 wurden die Arbeiten jahreszeitlich bedingt eingestellt. Schon im Jänner 2015 liefen erste Arbeiten an dem nicht-frostkritischen Bereich wieder an. Seit März 2015 arbeitet man wieder mit Hochdruck.

„Natürlich mussten wir aufgrund der Felssturzkatastrophe, der Realisierung der Ersatzstraße und des neuen Straßenabschnittes Vorhaben aufschieben, die wir eigentlich für die Jahre 2013/2014 und 2015 im Bereich der Straße bzw. im Tunnel vorgesehen hatten“, blickt Mag. Poppeller schon in die Zukunft und spricht Aufgaben an, die in den nächsten Jahren anstehen. „Den Bürozubau in Lienz haben wir auf Eis gelegt, die Erneuerung der Fahrbahndecke bzw. Aufhellungsmaßnahmen im Felbertauerntunnel werden wir so bald als möglich realisieren. Die Tunnelsicherheit ist aber, ungeachtet dieser Projekte, bestens gewährleistet, was uns auch von Seiten des ADAC immer wieder bestätigt wird. Hier haben wir schließlich ab dem Jahr 2000 bis 2010 rd. 30 Millionen Euro in die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer investiert und auch in Sachen Brandschutz alles Notwendige getan. Die Ausrüstung unseres Brandschutztrupps befindet sich auf dem neuesten Stand.“

Vor den Arbeiten im Tunnel wolle man, so der FAG-Vorstand abschließend, jedoch erforderliche Sanierungen an Kunstbauten (Galerien, Brücken…) entlang der Nord- und Südzufahrt zum Felbertauerntunnel in Angriff nehmen. „Zum Teil sind die Schutzbauten schon mehr als 40 Jahre alt und müssen ersetzt bzw. erneuert werden. Auf Basis der Georisiken-Analysen, die wir schon seit vielen Jahren durchführen, und unter Berücksichtigung der sich verändernden Klimabedingungen arbeiten wir laufend an der Weiterentwicklung der notwendigen Maßnahmen.“

Text: J. Hilgartner, Fotos: Osttirol heute/D. Hotzler

04. August 2015 um