ÖGB: „Bedingungen für Pflegekräfte verbessern!“

Neben dem Thema Pflege stellten die Gewerkschaftsfunktionäre die Teilzeit und die Aufwertung der Lehre in den Fokus des Regionaltages im Bezirk Lienz.  

Zu einem Pressegespräch luden Willi Lackner, ÖGB-Vorsitzender der Region Osttirol, und Philip Wohlgemuth, Vorsitzender des ÖGB Tirol, am Montag, 25. September. In den Fokus gerückt wurde vor allem das Thema Pflege, und deswegen saß auch Martin Strasser, Betriebsratsvorsitzender der Osttiroler Wohn- und Pflegeheime, mit am Tisch. „Pflegekräfte leiden sowohl an der psychischen Belastung als auch am Arbeitsdruck. Dazu kommen die körperlichen Belastungen. Die Verweildauer in  Gesundheitsberufen beträgt deswegen etwa EU-weit nur sechs Jahre, auch in Österreich und Tirol wird das nicht viel anders sein“, so Philip Wohlgemuth einleitend.

 

Philip Wohlgemuth, Vorsitzender ÖGB Tirol: „Die Aufwertung der Lehre und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit sind zwei Schwerpunkte unseres Programms. Wir brauchen in Tirol mehr Kinderbetreuung, mehr Betriebsansiedelungen und mehr High-Tech-Jobs. Außerdem treten wir für einen kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.700 Euro brutto ein.“

 

Weil sich die Anzahl der pflegebedürftigen Personen in Österreich bis zum Jahr 2050 auf etwa 750.000 verdoppelt, werde auch der Bedarf an Pflegepersonal eklatant steigen. „Laut Sozialministerium steigt der Mehrbedarf in Österreich bis 2020 um 6.500 Arbeitskräfte im stationären und um 6.400 Mitarbeiter im mobilen Bereich. In Tirol rechnen wir mit einem Mehrbedarf von 1.000 PflegerInnen bis 2020″, so der ÖGB-Vorsitzende.

 

Betriebsrat Martin Strasser: „Es gibt im Pflegebereich häufig Quereinsteiger, viele lassen sich im zweiten Bildungsweg als Pflegekraft ausbilden, auch ältere Menschen. Das funktioniert in unseren Heimen sehr gut. Um den Mehrbedarf in den kommenden Jahren abzudecken, müssen die Arbeitsbedingungen aber massiv verbessert werden.“

 

Sowohl die Pflege der Angehörigen als auch die professionelle Pflege sei weiblich, der Frauen-Anteil liegt in Österreich bei 81%, in den mobilen Pflege sogar bei 93%. „Mehr als die Hälfte dieser Arbeitskräfte arbeitet Teilzeit, in der mobilen Pflege liegt der Anteil der Teilzeit-Beschäftigen sogar bei 88%“, erklärte Wohlgemuth. Etwa 400 MitarbeiterInnen arbeiten als Pflegekräfte in den vier Osttiroler Wohn- und Pflegeheimen. „Viele von ihnen sind Frauen und Teilzeitkräfte. Wir stellen es zwar jeder Mitarbeiterin frei, ob sie Teilzeit arbeiten will, weisen aber gleichzeitig darauf hin, dass Teilzeit eine Armutsfalle – vor allem auch im Hinblick auf die Pension – bedeutet“, betonte Betriebsrat Martin Strasser. Er forderte, dass die Wochenarbeitszeit im Pflegebereich bei vollem Lohnausgleich gesenkt wird.

 

Kaum einem anderen Wirtschaftssektor wird ein derart starkes Wachstum vorausgesagt wie dem Gesundheitsbereich. Der Mehrbedarf an Pflegekräften steigt damit eklatant. Schon jetzt können viele offene Stellen nicht besetzt werden. Ein zusätzliches Problem ist die hohe Drop-out-Quote bei Gesundheitsberufen.

 

„Auch die Kinderbetreuung ist in diesem Bereich ein großes Thema. Im Bereich der 24-Stunden-Pflege werden viele Arbeitnehmerinnen in die Scheinselbstständigkeit unter schwierigsten Bedingungen gedrängt. Wir möchten, dass solche 24-Stunden-Pflegerinnen bei Trägervereinen angestellt werden“, so Philip Wohlgemuth.

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol heute/Mühlburger, Fotolia/Ingo Bartussek

 

26. September 2017 um