Mineralien – die funkelnde „Wunderwelt“ der Tauern

Besondere geologische Gegebenheiten haben in den Hohen Tauern eine ganz besondere mineralogische Vielfalt hervorgebracht. Ein Gespräch mit Steinsucher Erwin Burgsteiner.

Viel  von den „steinernen Schätzen“ in den Hohen Tauern weiß der seit Kurzem pensionierte Lehrer Erwin Burgsteiner aus dem „Smaragddorf“ Bramberg im Oberpinzgau zu erzählen. An sein erstes „funkelndes Erlebnis“ in den Bergen kann sich der begeisterte Steinsucher noch ganz genau erinnern: „Es war im Jahr 1973. Während meiner Lehrerausbildung half ich im Sommer im Habachtal beim Bau der Neuen Thüringer Hütte mit. Immer wieder traten Urlaubsgäste mit Fragen zu Mineralien an uns heran. Wirt Lois Hofer und ich beschlossen deshalb, der Sache sprichwörtlich auf den Grund zu gehen. Unser eigenes Wissen zu Mineralien war damals noch sehr begrenzt“, schmunzelt der Pinzgauer.

 

 

Bereits bei ihrer ersten Tour stießen die beiden auf Bergkristalle. „Als wir in bröseligem Gestein eine Platte zur Seite schoben, fanden wir zu unserer großen Überraschung Rauchquarze. Es handelte sich um eine größere Kluft. Mit einigen Mineralien im Rucksack kehrten wir wieder zur Hütte zurück. Der größte Zapfen dieses ersten Fundes war etwa einen halben Meter lang.“ Das „unbeschreiblich freudvolle Gefühl“, wenn man einen selbst entdeckten Bergkristall in Händen hält, wollte Erwin Burgsteiner immer wieder erleben. Auf der Neuen Thüringer Hütte half er weitere fünf Sommer lang mit, überall, wo er gerade gebraucht wurde. Und mit Wirt Lois brach er immer wieder zu „Mineralien-Touren“ auf.

 

Erwin Burgsteiner (links) unterwegs mit seinem Steinsucher-Kollegen Erich Mosser

 

„Die unglaubliche Vielfalt macht die steinernen Schätze unserer Region unverwechselbar. Nahezu jede Talschaft kann auf bemerkenswerte Funde verweisen. Im Habachtal gibt es das einzige nennenswerte Vorkommen von Smaragden in Europa. Vom Untersulzbachtal stammen die weltweit schönsten Epidote, und das Felbertal ist reich an herrlichen Sphenen (Titaniten)”, informiert er. Bergkristalle, Adular und Periklin kann man, so der versierte Steinsucher, in der interessanten Geologie des „Tauernfensters” überall finden. Burgsteiner ist seit dem Jahr 2005 auch als Obmann der  Landesgruppe Salzburg der VMÖ (Vereinigte Mineraliensammler Österreichs) aktiv.

 

Die weltweit schönsten Epidote stammen aus dem Untersulzbachtal.

 

Mit dem Nationalpark Hohe Tauern verbindet die Salzburger Steinsucher, wie er sagt, inzwischen eine Partnerschaft. „Beim Inkrafttreten des Nationalparkgesetzes im Jahr 1984 gab es zwar einigen Konfliktstoff, inzwischen hat sich die Win-win-Situation für beide Seiten aber längst  herauskristallisiert. Wir dokumentieren alles, was wir finden, und stellen unsere Aufzeichnungen der wissenschaftlichen Bearbeitung zur Verfügung“, erzählt er uns. Im Museum Bramberg wurde 2010 die Nationalparkausstellung „Smaragde und Kristalle“ eröffnet.

 

Im Oberpinzgauer Habachtal gibt es das einzige nennenswerte Smaragdvorkommen in Europa.

 

„Das Steinsuchen ist bei uns im Gebirge eine historisch gewachsene Tradition. Nachweisbar ist dies durch steinzeitliche Bergkristallfunde etwa am Felbertauern, die Experten in die Zeit zwischen 9600 und 5500 v. Chr. datieren. Im Mittelalter wurden aus den Kristallen kostbare Gefäße und Schmuck hergestellt. Heute ist die wirtschaftliche Bedeutung der Mineralien zwar gering, nicht aber ihre Botschaft. Mineralien sind, wie ich glaube, Kulturgüter, die mit ihrer Ästhetik, Schönheit und Vielfalt auch Facetten unserer Heimat widerspiegeln“, betont er.

 

Erwin Burgsteiner: „Das Steinsuchen ist ein faszinierendes Hobby. Man ist in der freien Natur unterwegs, und es bedeutet auch eine sportliche Herausforderung, zu den Fundorten aufzusteigen oder zu klettern. Etwas Sorge bereitet uns, dass sich die Jugend kaum mehr für die Schätze der Berge interessiert. Mit derartigen Nachwuchsproblemen sind heutzutage aber auch viele andere Vereine befasst.“

 

Der Pinzgauer freut sich, dass er jetzt in der Pension noch mehr Zeit findet, sich den „funkelnden Schätzen“ seiner Heimat zu widmen. Der begeisterte Mineraliensammler hat auch schon mehrere Bücher publiziert – u.a. den Roman „Der Venediger“. Das Buch handelt von den historischen „Venedigermandln“, wie sie auch in Sagen genannt werden und die einst in der heimischen Bergwelt nach Rohstoffen für Schleifereien in Venedig, Florenz und Mailand suchten. Erwin Burgsteiner bringt auch zur „Mineralien-Info” (große, alljährliche Mineralienausstellung mit begleitenden Vorträgen) ein Sonderheft heraus. Die Veranstaltung führt jedes Jahr Interessierte aus ganz Österreich, Süddeutschland und Südtirol in das „Smaragddorf“ Bramberg.

 

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Christian Hager, Erich Mosser, Herbert Raffalt, Harjo Neutkens

13. September 2017 um