Zu Besuch bei der „Osttiroler Kolonie“ am Arlberg

Wir statteten den beiden Skilehrern Reinhard Bergerweiß und Roland Klaunzer, „Hüttenwirt“ Stefan Staffler sowie Schneimeister Sepp Moser einen Besuch ab.

Mit 305 km Skipisten und 200 km hochalpinen Tiefschnee-Abfahrten sowie 87 Bahnen in Tirol und Vorarlberg gilt der Arlberg seit Eröffnung der laufenden Wintersaison als das größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs – und als das fünftgrößte weltweit. Die Region wird
auch als die „Wiege des alpinen Skilaufs“ bezeichnet. Während man andernorts Ende der 1920er-Jahre noch den Telemark-Stil bevorzugte, unterrichtete Skipionier Hannes Schneider hier bereits die von ihm entwickelte „Arlberg-Technik“. Seitdem hat sich das Gebiet zu einer der mondänsten Winterurlaubs-Destinationen der Welt entwickelt. Prominente aus Wirtschaft, Politik und Showbiz genießen Jahr für Jahr die Skiabfahrten und Tiefschnee-Reviere ebenso wie Mitglieder europäischer Königshäuser und Wintersportler aus aller Welt.

Blick auf Lech von der Rud-Alpe aus

Seit jeher zieht es auch Osttirolerinnen und Osttiroler auf den Arlberg, um hier zu arbeiten – für eine Saison oder auch für länger. Der Arlberg ist für seine Schneesicherheit bekannt. In der laufenden Wintersaison blieb der „weiße Segen von oben“ – ähnlich wie in auch Osttirol – jedoch weitgehend aus. Am Vortag unseres Treffens mit Sepp Moser aus Anras, Stefan Staffler aus Tristach, Reinhard Bergerweiß aus Kals und Roland Klaunzer aus Matrei in der Skiregion Zürs/Lech hat es allerdings frisch geschneit. So können wir den Arlberg mit seinen atemberaubenden Gipfeln und Abfahrten in einem prächtigen Winterkleid erleben.

Stefan Staffler

Seit sechs Jahren leitet der gebürtige Tristacher Stefan Staffler die Rud-Alpe auf 1.560 m Seehöhe im Herzen des Arlbergs. Die Skihütte, die sich im Eigentum der Skilifte Lech befindet, liegt an einem lawinensicheren und auch im Winter ausgesprochen sonnigen Aussichtspunkt in unmittelbarer Nähe zum Ortskern von Lech. Die Abfahrten von Kriegerhorn, Schlegelkopf und von Oberlech führen direkt an der Hütte vorbei. Stefan Staffler bezeichnet sich selbst als „Hüttenwirt“. Der Absolvent der Kärntner Tourismusschule Villach und des Aufbaulehrgangs für Tourismus und Marketing in St. Johann i.T. verfolgt gemeinsam mit seinem Team das Ziel, neue Maßstäbe im Skihütten-Bereich zu setzen.

Während der Wintersaison verlassen rd. 1.600 Essen pro Tag die Küche der Rud-Alpe, die  mit einer Gault Millau-Haube (14 Punkte) und zwei Falstaff-Gabeln ausgezeichnet wurde. Zwei Mal wöchentlich kredenzt man den Gästen feine Hauben-Gerichte, garniert mit einem köstlichen Tropfen aus dem riesigen Weinkeller der Rud-Alpe. „In unserem Keller lagern rd. 500 verschiedene Weiß- und Rotweine sowie Sekt- und Champagner-Sorten. Geburtstage werden bei uns ebenso gefeiert wie Hochzeiten“, berichtet Stefan. „Wir gehören inzwischen zu den Top 3-Hochzeitslocations in Österreich. Im Sommer werden wir auch für größere Veranstaltungen mit bis zu 250 Teilnehmern gebucht.“

Bevor er am Arlberg zu arbeiten begann, war Stefan in Tourismusbetrieben in Australien, Neuseeland, Norwegen, Schweden, Frankreich und der Schweiz tätig. Hier konnte er viele Erfahrungen sammeln, die ihm heute zugute kommen. Ihm ist es wichtig, dass die Gäste in der Rud-Alpe fernab des Trubels das Essen, den Wein, die Arlberger Gastfreundschaft und vor allem auch das atemberaubende Bergpanorama genießen können. In seine „alte“ Heimat Osttirol kommt Stefan Staffler nur mehr selten, wenngleich er sich dem Bezirk Lienz noch immer eng verbunden fühlt. Erholung von seinem stressigen Arbeitsalltag findet er beim Schnitzen von Krampuslarven, die ihn intensiv an Osttirol erinnern. „Alle paar Jahre lasse ich mir es auch nicht nehmen,  während der Klaubauf-Tage daheim zu sein.“

Sepp Moser

Sepp Moser ist in Anras aufgewachsen und 1980 als gelernter Schlosser nach Lech gekommen. „Es war ein 18. Dezember, das weiß ich noch ganz genau. Als eher schüchterner Bauernbub hatte ich nur ein Ziel: Ich wollte einmal selbst eine Pistenmaschine lenken“, schmunzelt er. Inzwischen ist der Pustertaler längst als Schneimeister bei der Beschneiungsanlage der Skilifte Lech tätig. „Mit etwa 200 Schneeerzeugern beschneien wir rd. 90 Hektar und produzieren pro Jahr ca. 700.000 m³ Schnee.“ Im Oktober wird mit der Depotbeschneiung begonnen, ab November läuft die Flächenbeschneiung. „Der Arlberg gilt als ziemlich schneesicher. In der laufenden Saison konnten wir uns allerdings erst am 5. Jänner über etwas ausgiebigeren Naturschnee freuen“, berichtet er.

Bei unserem Besuch sind gerade mehrere Schneekanonen im Bereich der Talstation platziert. Geräte verschiedener Fabrikanten werden getestet. Die Frage nach seiner Bindung an Osttirol entlockt Sepp ein breites Grinsen. „Ich fahre praktisch jedes Wochenende heim nach Anras zu meiner Frau Maria. Sie stammt aus Gwabl, kennengelernt habe ich sie aber 1981 hier in Lech. Inzwischen sind wir bereits über 30 Jahre glücklich verheiratet. Unsere beiden Söhne sind als Mittelschullehrer in Schwaz bzw. als Qualitätsingenieur bei der Firma Liebherr tätig. Daheim in Osttirol genieße ich vor allem die Ruhe. Hier am Arlberg gestaltet sich der Alltag meist sehr turbulent. Da tut regelmäßiger Abstand gut!“

Reinhard Bergerweiß

Reinhard Bergerweiß, staatlich geprüfter Skilehrer und Skiführer aus dem Osttiroler Glocknerdorf Kals, hielt sich Anfang der 1990er-Jahre erstmals für drei Jahre am Arlberg auf. Später betreute er viele Jahre lang Gäste beim Heli-Skiing in Kanada. Seine Arbeit als Ski-Guide führte ihn auch nach Australien, Neuseeland, Norwegen, Grönland und sogar bis Island. Inzwischen ist er wieder bei den
„High Zürs Ski Guides“ tätig. „Ich bin hier am Arlberg vor allem mit Gästen, die das Variantenfahren bevorzugen, im Gelände unterwegs. Hier zu arbeiten, ist herausfordernd, macht aber auch sehr viel Spaß. Meine Aufenthalte zu Hause in Kals sind aber mindestens genauso schön“, erzählt uns Reinhard, als wir ihn bei der Talstation der Trittkopfbahn treffen.

Roland Klaunzer

Seit dem Jahr 2000 arbeitet der staatlich geprüfte Skilehrer und Skiführer Roland Klaunzer für die Skischule Zürs und ist inzwischen bis in den Vorstand des Unternehmens aufgerückt, das 65 festangestellte SkilehrerInnen und zu Spitzenzeiten bis zu 220 MitarbeiterInnen beschäftigt. „Ich bin hier am Arlberg mit meinen Gästen eher auf den gesicherten Pisten unterwegs, begleite meine internationalen Kunden aber auch in andere Top-Skigebiete, wie z.B. nach St. Moritz, Courchevel, in die Dolomiten und in andere renommierte Ski-Destinationen“, sagt der Matreier. Am Arlberg sei es üblich, dass die Gäste einen Privatskilehrer buchen. „Die Schneesicherheit und die internationalen Gäste machen neben den Top-Pisten und den atemberaubenden Tiefschnee-Abfahrten, das Flair des Arlbergs aus. Unsere Gäste kommen aus über 70 Nationen – aus Russland ebenso wie aus den USA. Immer häufiger ist auch die zahlungskräftige Klientel aus den Arabischen Ländern hier bei uns anzutreffen.“

Roland will seine Erfahrungen als Skilehrer am Arlberg immer stärker auch zu Hause in Osttirol einbringen und seine Aktivitäten wieder mehr in Richtung Heimat verlagern. Im Vorjahr rief er die „Skischule Exklusiv Tirol“ ins Leben und betreut gemeinsam mit heimischen Skilehrern in der laufenden Wintersaison erstmals Gäste in Prägraten und Virgen. „Ich wollte wieder zurück ins schöne Osttirol und habe mit der Unternehmensgründung einen ersten Schritt in diese Richtung gesetzt.  Wenn zu Hause in der Skischule weniger los ist, betreue ich aber nach wie vor auch Wintersportler hier am Arlberg.“

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Journal, Lech/Zürs Tourismus (Sepp Malaun)

17. März 2017 um