Stoan Alm: Das Horn macht den feinen Unterschied

Hausmusik gibt es vielerorts – aber bei Andrea und Peter-Paul Wibmer auf der Stoan Alm in Prägraten am Großvenediger ist sie etwas ganz Besonderes.    

Seit 23 Jahren bewirtschaften Andrea und Peter-Paul Wibmer die am Fuß von Wiesbauerspitze und Finsterwitzkopf direkt am Maurerbach idyllisch gelegene Stoan Alm. Neben regionalen Speisen und zünftigen Getränken gehört die Musik für das Ehepaar zu ihrer Vorstellung von gepflegter Gastlichkeit. „Musik berührt die Herzen der Menschen“, erklärt Peter-Paul, der gemeinsam mit seiner Frau mehrmals am Tag zu den Instrumenten greift und bekannte Bergmelodien anstimmt. Er spielt das Akkordeon, die Steirische Harmonika, ohne jemals eine Note gelernt zu haben. Das Wort „steirisch“ habe allerdings nichts mit der Steiermark zu tun, sagt er. „Dieses besondere Akkordeon wurde in Wien erfunden. Seine spezielle Bauart gibt der alpenländischen Volksmusik eine unverkennbare Note.“

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Mit Leidenschaft spielt Peter-Paul seine Steirische Harmonika, seine Finger finden immer den richtigen „Knopf“ auf der Tastatur. „Es ist wie Schreibmaschine schreiben“, meint er schmunzelnd. Seine Frau Andrea stößt kräftig ins Horn und gibt den Rhythmus vor. Ihr Instrument, das aussieht wie eine zu klein geratene Tuba, ist ein Tenorhorn. Es gehört zur Familie der Bügelhörner und ist instrumental zwischen den sogenannten „Es-Trompeten“ und der Tuba angesiedelt. „Ursprünglich wurde das Tenorhorn in der Militärmusik eingesetzt. Seine Einmaligkeit kommt jedoch auch in der
Volksmusik voll zur Geltung“, informiert sie. Ihre Faszination für das Tenorhorn reicht, wie sie sagt, bis in ihre Kindheit zurück. „Schon als kleines Mädchen habe ich mir gewünscht, dieses Instrument zu spielen. Meine Eltern haben mir dies ermöglicht, und seitdem ist das Tenorhorn ,mein‘ Instrument.“

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Die Stoan Alm im Maurertal bei Hinterbichl ist immer einen Besuch wert – nicht nur wegen der Musik.

Schon vor ihrer Zeit auf der Stoan Alm haben die Eheleute gemeinsam musiziert und traten auch bei kleineren Anlässen, wie z.B. Geburtstagsfeiern, als musizierendes Duo auf. Inzwischen ist die Stoan Alm ihre Bühne, auf der sie für ihre Gäste aufspielen. Über die Jahre hinweg sind Peter-Paul und Andrea übrigens auch jenseits der Grenzen von Osttirol bekannt geworden. Manche Besucher kommen
speziell wegen der Musik nach Hinterbichl, und einige bringen sogar ihre eigenen Instrumente mit. Auf der Stoan Alm wird jeden Tag musiziert, selbst dann, wenn der Ansturm an Besuchern das gesamte Alm-Team fordert. Peter-Paul stimmt oft schon die ersten Töne an, während seine Frau noch in der Küche beschäftigt ist. Aber es dauert nicht lange, dann gesellt sie sich mit ihrem Tenorhorn hinzu.

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Ihre Instrumente zu spielen, ist für die Wirtsleute mehr als nur Unterhaltung. Musik verbinde und baue Brücken, betonen die beiden unisono, und sie könne auch, wie Peter-Paul erzählt, in der einen oder anderen brenzligen Situation hilfreich sein. Er erinnert sich an ein Erlebnis vor einigen Jahren, als sich auf der Stoan Alm eine Busreisegruppe angemeldet hatte. „Draußen herrschte wechselhaftes Wetter, und unsere Gaststube füllte sich mit den Insassen eines Busses. Während wir unsere Gäste bewirteten, stand plötzlich und unerwartet eine zweite Reisegruppe in der Tür. Wie es sich herausstellte, handelte es sich bei dieser um die angemeldete Gruppe. Unmut kam auf. Damit die Stimmung nicht kippte, griffen wir zu unseren Instrumenten, und bald kehrte die gute Stimmung zurück. Und mit etwas organisatorischem Geschick ist es uns dann auch gelungen, dass alle auch mit Speis und Trank versorgt wurden.“

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Dass Musik Harmonie schafft, beweisen die beiden Osttiroler aber nicht nur in ihrem beruflichen Alltag. Dies gilt auch für ihr Familienleben. Die Kinder von Andrea und Peter-Paul sind zwar längst aus dem Haus. Wenn sie aber die Eltern auf der Stoan Alm besuchen, dann wird aus dem musikalischen Duo mit Hackbrett, Klarinette und Gitarre ein Quintett – und das sind dann für alle ganz besondere
Momente!

Text: Jan Schäfer, Fotos: Osttirol heute/Hotzler

08. September 2016 um