Pinzgauer Mundartexpertin schrieb „Debanter Passion“

Barbara Rettenbacher-Höllwerth schrieb den Text für die „Debanter Passion“, die am Gründonnerstag in der Pfarrkirche Neukirchen aufgeführt wird – ein Porträt der 87-Jährigen.

„Geboren wurde ich 1928 auf dem Bauernhof meiner Großeltern in Pfarrwerfen. Für ein lediges Kind war es in der damaligen Zeit nicht leicht. Zunächst kam ich zur Familie meines Vaters nach Niedernsill, später aber wieder zurück auf den Bergbauernhof meiner Vorfahren mütterlicherseits“, erinnert sich die Salzburgerin an ihre Kindheit zurück. Nach dem Besuch von acht Klassen der Volksschule in Werfen führte sie ihr Lebensweg an die Lehrerinnenbildungsanstalt in Salzburg, wo sie großteils auch
die Kriegsjahre 1942 bis 1945 verbrachte. 1947 trat sie, mit der Matura in der Tasche, ihre erste Stelle als Volksschullehrerin in Wörth/Rauris an. Nach weiteren Stationen, u.a. am Enzingerboden, wurde die Gemeinde Niedernsill ihre Heimat. Hier heiratete die junge Salzburgerin 1953 den Niedernsiller Gemeindesekretär Alois Höllwerth und brachte 10 Jahre später ihren Sohn zur Welt. Im Herbst 1963 schlug das Schicksal unerbittlich zu: Barbara Rettenbacher-Höllwerths Mann Alois starb, eine nach ihren Angaben „sehr schwere Zeit“ begann. „Damals habe ich mich bereits intensiv mit dem Schreiben von Gedichten, Texten in Mundart und Kurzspielen beschäftigt. Dies hat mir bei der Verarbeitung des Todes meines Mannes sehr geholfen!“

Die

Im Jahre 2000 erhielt die Mundartdichterin den „Walter Kraus Preis“.

Ab 1963 hielt die Mundartdichterin Lesungen, u.a. im ORF Landesstudio in Salzburg, bei der Henndorfer Einkehr, beim Salzburger Mundarttag in Großgmain, in anderen Bundesländern und in Bayern. 1974 veröffentlichte sie unter dem Titel „Alls kimb und geht“ ihren ersten Gedichtband, dem später viele Veröffentlichungen, wie z.B. „s’Zauberrössl“, „Lippei steh auf!“, „Mitanand durchs Jahr“ oder „Unsere Mundart zwischen Grasberg und Tauern“, um nur einige wenige zu nennen, folgen sollten. Im Rahmen einer Lesung lernte sie 1973 auch ihren zweiten Mann, August Rettenbacher aus St. Koloman/Tennengau, kennen. Mit ihm teilte sie, bis zu seinem Tod im Jahr 1999, ihre Leidenschaft
für die Kultur, die Geschichte, das Brauchtum und die Mundart der Region. Gemeinsam riefen die beiden u.a. die Veranstaltung „Niedernsiller Stund“ ins Leben und arbeiteten an der Realisierung verschiedenster Projekte.

Die

Barbara Rettenbacher-Höllwerth setzte sich mit viel Engagement für den Aufbau des „Tauriska Mundartarchivs“ ein, das im restaurierten Samerstall in Niedernsill untergebracht ist.

Das Anliegen, die Sprache der Region zu bewahren, aber auch zu fördern, veranlasste Barbara Rettenbacher-Höllwerth dazu, sich mit viel Engagement für den Aufbau und später in der Betreuung des „Tauriska Mundartarchivs“ einzusetzen. Hier sind heute im 2. Stock des restaurierten Samerstalls in Niedernsill alte und zeitgenössische Mundartwerke, Sammelmappen, Manuskripte sowie seltene Ton- und Videoaufzeichnungen zu sehen und zu hören. „Dazu gehören beispielsweise auch Druckwerke von Pinzgauer Wörtern ab 1784, alte Mundartdichtung in Form von Liedern, Texte von Volksschauspielen, Beispiele von Brautbriefen, Sagen oder Sammlungen von Kinder- und  Volkssprüchen“, informiert die Doyenne der Pinzgauer Mundart, die u.a. Trägerin des großen Verdienstzeichens des Landes Salzburg, des Walter-Kraus-Preises sowie Ehrenbürgerin von Niedernsill ist, über den reichhaltigen Archivfundus.

rettenbacherpassion4_c_hotzler

Wie es denn heute um den althergebrachten Wortschatz im Pinzgau steht und welche Bedeutung sie der Mundart in der heutigen Zeit zumisst, wollen wir abschließend von ihr wissen. „In der Tradition liegen unsere Wurzeln und in unserer Mundart spiegelt sich auch heute das Fühlen und Denken, das Arbeiten und das Feiern der Bevölkerung wider. Die Mundart ist die gemeinsame Heimat der  Menschen einer Region“, hält Barbara Rettenbacher-Höllwerth fest. „Natürlich hat sich auch die Pinzgauer Mundart im Laufe der Jahrhunderte verändert und wird dies auch in Zukunft tun. Schließlich sind die Dialektgrenzen fließend bzw. werden immer wieder auch Ausdrücke aus anderen Regionen übernommen. Ich denke aber, auch wenn sich vieles wandelt, nicht zuletzt im Tonfall wird man auch in Zukunft eine `echte` Pinzgauerin bzw. einen `echten` Pinzgauer erkennen können!“

Die Debanter Passion

Die Station 1 „Jesus wird zum Tode verurteilt" von Lois Faschings Kreuzweg.

Die Station 1 „Jesus wird zum Tode verurteilt“ von Lois Faschings Kreuzweg.

Barbara Rettenbacher-Höllwerth sah auf einer Wallfahrt der Niedernsiller Katholischen Frauenschaft  den Kreuzweg des Dölsacher Bildhauers Lois Fasching in der Kirche von Debant. Ergriffen von diesen ausdrucksstarken, von Fasching mit der Kettensäge geschaffenen Reliefs wurde sie dazu inspiriert, Texte bzw. Meditationen zu den einzelnen Stationen in Mundart zu schreiben. Auch die Aussagen des inzwischen verstorbenen Pfarrers Toni Mitterdorfer – er gab den Kreuzweg in Auftrag – über Annahme des Kreuzes, Gewalt und Hoffnung ließ sie einfließen. Entstanden ist die „Debanter Passion“. Am Gründonnerstag, 17. März 2016, um 18.30 Uhr, ist sie in der Pfarrkirche von Neukirchen (Pinzgau) zu hören. Theodor Burkali hat die tiefsinnigen und in einer wunderbaren Bildsprache verfassten Texte vertont. Sopranistin Ilse Maria Grießenauer und Harfenistin Christa Maria Lukatsch bringen die Passion in der Pfarrkirche von Neukirchen zur Aufführung, die Kreuzwegbilder von Lois Fasching werden zu sehen sein.

Text: Elisabeth Hilgartner/Raimund Mühlburger, Fotos: Osttirol Journal/Hotzler, Kulturverein Samerstall, Christian Wöckinger

10. Februar 2016 um