Franz Brandstätters fliegende Meisterstücke

Schon als Kind ist der Lienzer vom Thema Fliegen und von Modellflugzeugen und -hubschraubern fasziniert gewesen. Wir besuchten ihn in seiner Modellflugbauwerkstätte.

Der Traum vom Fliegen ist beinahe so alt wie die Menschheit. Die griechische Mythologie erzählt von Ikarus, der sich mit Flügeln durch die Lüfte schwingen wollte. Von Leonardo da Vinci wissen wir, dass er an Schwingenfluggeräten baute, selbst aber nie flog und von den US-Brüdern Wright, dass sie als die modernen Wegbereiter des Fliegens und des Flugzeugbaues gelten. Heute verwirklichen sich Menschen weltweit ihre Träume vom Fliegen, indem sie in ein Flugzeug steigen und ferne Destinationen erkunden, sich mit Paragleitern oder ähnlichen Fluggeräten durch die Lüfte schwingen oder begeisterte Motor- oder Segelflieger sind. Eine große Leidenschaft für das Fliegen hegt auch der Osttiroler Franz Brandstätter, wenngleich er sich seinen Traum über bis in letzte Detail ausgetüftelte und selbst gebaute Modellhubschrauber verwirklicht.

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„Mit 23 Jahren habe ich mir meinen ersten Modellhubschrauber zugelegt, einen Vario-Helikopter namens „Sky Fox“, erinnert sich der gebürtige Lienzer zurück. Mit ca. 15.000 ATS sei das Liebhaberstück sehr teuer gewesen und schwierig zu fliegen, doch habe er sich das nötige Wissen aus der Fachliteratur geholt bzw. in unzähligen Flugstunden selbst angeeignet. Einen Flugsimulator gab es damals noch nicht. Bald schon entdeckte Franz Brandstätter, der damals dem Modellfliegerclub Lienz beitrat, inzwischen aber Mitglied des Modellfliegerclubs Hochpustertal ist, dass es ihm zunehmend mehr Freude bereitete, auf Basis von gekauften Bausätzen verschiedenste Hubschraubermodelle zu basteln. Rasch stellte er fest, dass er einen Schritt weiter gehen wollte und begann, auch an selbst konstruierten Hubschraubern zu tüfteln. „Vor rund 20 Jahren ist der erste Hubschrauber im Eigenbau entstanden!“, berichtet der gelernte Kunstschlosser, der sich heute als Hufschmied sein „Brot“ verdient und nach eigenen Angaben Hubschrauber lieber zusammenbaut, als mit ihnen zu fliegen. Es entstanden zunächst wunderschöne Modelle in der 1,5- bis 1,8-Meter-Klasse, im Laufe der Zeit wurden die Helis aber immer größer. „Mein erster 3 Meter-Helikopter war ein Jetranger, den ich in Norddeutschland kaufte und umbaute.“ Auf Basis der Zusammenarbeit mit dem Fieberbrunner Martin Söllner, den er im Rahmen einer Flugshow in St. Johann in Pongau kennenlernte, entwickelte sich schließlich die Faszination für noch größere und komplexere Hubschrauber-Modelle. Während der Osttiroler für die Konstruktion und den Bau des Rumpfes und den Innenausbau verantwortlich zeichnete, kümmerte sich Söllner bevorzugt um die Bereiche Mechanik und Elektronik. Eine erste Bell 205/3 m mit Turbinenantrieb folgte – damals, so Franz Brandstätter, eine „kleine Sensation“. Die Verbindung der beiden leidenschaftlichen Modellbauer wuchs, und so beschlossen sie, sich 2005 an eine Lama 315 B mit einem Rotordurchmesser von 3,36 Metern heranzuwagen. Franz Brandstätter entwickelte den gesamten Edelstahlrumpf und sämtliche Kleinteile wie Cockpit, Sitze, Turbinenattrappe u.a., Martin steuerte die Mechanik, Rotorkopf und Heckrotor sowie die Zelle bei.

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Ein Meisterstück, das bis heute als Star auf diversen Flugshows die Aufmerksamkeit von Zusehern und Modellbauexperten auf sich zieht, gelang den beiden Modellbau-Enthusiasten mit der EC-135, maßstabsgetreu bis ins kleinste Detail dem Original des in der Schweiz stationierten Rettungshubschraubers EC 135 der Air Zermatt nachempfunden. 3,20 Meter lang, 1,07 Meter hoch, 40 Kilogramm schwer und bis zu 160 km/h schnell ist der rote Riese, der mit vier Litern Kerosin Treibstoff und einer Steuerungsreichweite von drei Kilometern die rekordverdächtige Höhe von 5,5 km erreichen und bis zu 20 Minuten in der Luft bleiben könnte. Dass dies nicht so ist, liegt nicht an der Leistungsfähigkeit des Gerätes, sondern an der österreichischen Gesetzgebung, die für Flugmodelle eine maximale Flughöhe von 150 Metern über Grund und eine maximale Reichweite von 1,5 km ab Flugplatz erlaubt. Das in der Kennung der Air Zermatt feuerrot lackierte Grundmodell wurde in zweijähriger Arbeit entwickelt. „Es brauchte einen sehr langen Atem und über 1??500 Arbeitsstunden, bis wir, beginnend mit der Idee, gefolgt von Fotos, Zeichnungen, einem Urmodell und dem Negativformenbau, über die Rumpfzelle, die Scale- und Tiefziehteile bzw. das von Martin beigesteuerte Heck, das Fenestron und die Mechanik hin zum fertigen, flugfähigen Heli gelangten“, erklärt der heute 46-Jährige und ergänzt, dass er inzwischen ein Spezialist für den Glasfaser- und Kohlefaser-Formenbau, Zellen aus Edelstahlrohr und die Thermo-Verformung sei.

Während Franz Brandstätter vor einigen Jahren noch bis zu 30 Stunden und mehr pro Woche in seiner Werkstatt an seinen Modellen schraubte, hat er die Zeit für sein ganz besonderes Hobby inzwischen auf rund 10 Wochenstunden reduziert. Dies könnte sich jedoch möglicherweise bald ändern, wie er uns mit leuchtenden Augen am Ende unseres Besuches mitteilt. Ein neues Projekt schwirrt in seinem Hinterkopf herum: eine Lama mit 4,5 Metern Rotordurchmesser!

Text: E. & J. Hilgartner, Fotos: Brunner Images

04. August 2015 um