„Begegnungen“ Slowenien-Osttirol in Anras

Einen Begegnungsabend mit viel Musik und Informationen über slowenische Flüchtlinge nach dem 2. Weltkrieg organisierte das Anraser Kulturfenster am 17. Oktober.

Josef Mascher, Obmann des Anraser Kulturfensters, hat den Begegnungsabend organisiert – Hintergrund war ein geschichtlicher. „Nach dem 2. Weltkrieg sind rund 2.400 Sloweninnen und Slowenen nach Osttirol geflüchtet. Als die Kommunisten nach der Kapitulation auch im heutigen Slowenien die Macht übernahmen, wurden die Katholiken dort verfolgt. Viele wurde umgebracht“, erzählt Mascher.  Zahlreiche Katholiken flüchteten auch nach Osttirol, weil sie sich in ihrer Heimat ihres Lebens nicht mehr sicher waren. „Nach Anras kamen ca. 80 Sloweninnen und Slowenen, vorwiegend Jugendliche und Studenten. Der Dekan von Lienz und der Kooperator von Anras hatten damals vereinbart, dass auch in Anras Flüchtlinge aufgenommen werden. Vladimir Kozina – einer von ihnen – wurde in Anras zum Priester geweiht und ist später nach Amerika ausgewandert“, blickt der Obmann zurück.

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Vladimir Kozina ist heuer mit über 90 Jahren gestorben. Seine Lebenserinnerungen hat er in einem Buch veröffentlicht.  Ein Exemplar schickte er auch an das Pfarramt in Anras, und Josef Mascher hat begonnen, Menschen über diese Flüchtlingsschicksale zu befragen. „Das Verhältnis zwischen Osttirolern und Slowenen war ein durchaus gutes. Auch Vladimir Kozina schreibt in seinen Erinnerungen, dass die Flüchtlinge damals in Anras gut aufgenommen wurden, dass alle ein Bett gehabt haben  und dass sie gut verköstigt wurden“, erzählt Josef Mascher. Ende 1945 kamen die meisten der slowenischen Flüchtlinge nach Lienz/Peggetz, einige blieben weiter in Anras und Vereinzelte gingen nach Graz, um dort zu studieren.

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Ein Konzert des Oktet 9 aus Celje in Lienz und der Vortrag der Tochter eines Flüchtlings waren die Impulse für Josef Mascher, den slowenisch-österreichischen Begegnungsabend in Anras zu organisieren. Er hat den Direktor des Gymnasiums Celje-Center in Slowenien besucht. „Es sollten Begegnungen wie damals nach dem Krieg werden – vor allem von jungen Menschen. Der Buben- und Mädchenchor des Celje-Centers und die Band The Slagers aus Slowenien haben genauso mitgewirkt wie der Anraser Kirchenchor und die Volkstanzgruppe. Der Kunstzweig des Celje-Centers hat alte Fotos bearbeitet und uns diese Arbeiten für den Begegnungsabend zur Verfügung gestellt. Es war ein Abend der musikalischen Begegnungen, und wir haben gemeinsam mit unseren slowenischen Freunden Geschichte mit Musik verbunden“, freute sich Josef Mascher über einen gelungenen Abend.

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Maria Bürgler, Direktorin der Volksschule, präsentierte den geschichtlichen Abriss, als Stärkung gab es regionale Köstlichkeiten aus Slowenien. Dr. Andrej Rahten, der slowenische Botschafter in Österreich, sprach über internationale Flüchtlingshilfe, die damals wichtig war und auch in der heutigen Zeit mit den vielen Krisenherden und Flüchtlingen besonders aktuell ist. Auch der slowenische Honorarkonsul in Tirol, KR Josef Höger, wohnte der Veranstaltung bei. NR Georg Willi betonte die Bedeutung Österreichs als Aufnahmeland für Flüchtlinge gerade auch in der heutigen Zeit.

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Obmann Josef Mascher hat mit dem Anraser Kulturfenster den Begegnungsabend Slowenien-Osttirol organisiert.

„Wir planen bereits an einem zweiten Begegnungsabend. Das nächste Mal werden wir Osttiroler nach Celje reisen“, gibt Josef Mascher einen Ausblick in die Zukunft. Zum Thema Flüchtlingslager in der Peggetz 1945/1946 und die Slowenen in Osttirol wird übrigens am 22. Oktober 2014, Johanna Kronawetta in der Landwirtschaftlichen Lehranstalt in Lienz sprechen.

Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Brunner Images

20. Oktober 2014 um