Ein Stück Lienzer Geschichte ging zu Ende

Nach 90 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit seiner Familie gab Gabriel Forcher den Schlüssel für die Kriegergedächtniskapelle an den Kirchenwirt in Lienz weiter.

90 Jahre lang bewahrte die Familie Forcher in der Pfarrgasse 13 den Schlüssel für das Kriegerdenkmal am städtischen Friedhof mit den Fresken von Albin Egger-Lienz auf. Jeden Tag, so lautete 1924 der Auftrag des damaligen Bürgermeisters Johann Oberhueber an Gabriel Forcher sen., müsse der Schlüssel für die Besucher erhältlich sein, um das Denkmal besichtigen zu können. Für den pflichtbewussten Lienzer und seine Familie eine Ehrensache, wie dessen Sohn Gabriel Forcher jun., inzwischen selbst 86 Jahre, erzählt: „Das hatte zwei Gründe: Zum einen war mein Vater mit Albin Egger-Lienz befreundet und hatte ihn während der Arbeiten in der Kapelle immer gerne besucht. Zum anderen wollte er das Andenken an die vielen Toten, die der Erste Weltkrieg gefordert hat, bewahren und gleichermaßen dafür danken, dass er als Standschütze den schrecklichen Krieg überlebt hat.“

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Nach dem Ableben des Vaters übernahmen seine Kinder die Tradition, ebenfalls freiwillig und unentgeltlich, und auch wenn das mit einer gewissen Opferbereitschaft verbunden war. „Da immer jemand zuhause bleiben musste, egal, ob Werk-, Sonn- oder Feiertags, gab es auch keine gemeinsamen Familienausflüge“, erinnert sich Forcher. Einzig in den Nachtstunden hatte man seine Ruhe. „Weil es in der Kapelle keine Beleuchtung gibt“, schmunzelt er.

Nach nunmehr 90-jähriger Tätigkeit übernimmt der „Kirchenwirt“ in Lienz diese Aufgabe. „Da durch bauliche Maßnahmen die Besucher unser Haus nicht mehr so leicht finden, und die Brücke über den Bach aus Sicherheitsgründen gesperrt wurde, macht es einfach Sinn, dass die Menschen den Schlüssel im Gasthaus abholen“, ist der 86-Jährige überzeugt. Im Namen seiner Schwestern Margarete und Inge übergab Gabriel Forcher daher vor kurzem den Schlüssel persönlich an Bürgermeisterin DI Elisabeth Blanik. Diese dankte der Familie für ihre langjährige Treue und Ehrenamtlichkeit, bedauerte gleichzeitig aber auch, dass mit diesem Schritt ein liebgewonnenes Stück Lienzer Geschichte zu Ende geht.

Text: Redaktion, Fotos: Stadtgemeinde Lienz/Lenzer

 

10. Oktober 2014 um