Nasses Wetter behinderte Grabungen in Aguntum
Die Grabungssaison in Aguntum wird mit 14. August abgeschlossen. Hauptziel der heurigen Grabungen war die weitere Freilegung des Forum-Nordflügels und die Dokumentation.
Es ist fast schon zur Tradition geworden, dass Dr. Leo Gomig, Obmann des Vereins Curatorium pro Agunto, und Grabungsleiter A.-Prof. Dr. Michael Tschurtschenthaler am Ende jeder Grabungssaison in der einzigen römischen Stadt auf Tiroler Boden über Ergebnisse, Fundgegenstände und Projekte für die Zukunft berichten. Die Grabungssaison startete heuer am 30. Juni und wird mit 14. August abgeschlossen. „38 Personen waren insgesamt im Einsatz, 34 Absolventen und Studenten der Universität Innsbruck sowie Mitarbeiter aus Basel und München“, so der Grabungsleiter. Im Sommer 2013 hatten die Mitarbeiter mit der Hitze zu kämpfen, heuer war es das nasse Wetter, das die Arbeiten in Aguntum erschwerte. „Für uns Archäologen ist Regen ungünstig. Man muss die Ausgrabungsstätten abdecken und das Wasser immer wieder abschöpfen. Das verzögert die Arbeiten natürlich“, berichtete Tschurtschenthaler.
Obmann Leo Gomig zeigte sich erfreut darüber, dass das Konzept für die Restaurierung sämtlicher Mauern endlich steht. „800.000 Euro werden wir in den nächsten zehn Jahren dafür aufwenden, die Finanzierung für die nächsten beiden Jahre ist gesichert“, so Gomig. In Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Hohe Tauern und den Gemeinden Iselsberg, Nußdorf-Debant und Dölsach werde außerdem ein Themenweg zu Aguntum geschaffen. „Das Projekt Ring über die Straßenbrücke als Landmark für Aguntum haben wir aufgrund der zu großen verkehrstechnischen Bedenken der Behörden fallen gelassen. Als Alternative simulieren wir das Stadttor von Aguntum mit rund 12 Meter langen Stahlrohren“, berichtete Gomig über das nächste Projekt, das Vorbeifahrende und Durchreisende auf die Römerstadt und das Museum aufmerksam machen soll.
Obmann Dr. Leo Gomig (rechts): „Statt des großen Rings über der Straßenbrücke wollen wir nun mit rund zwölf Meter langen Stahlrohren das Stadttor von Aguntum simulieren und damit auf die römische Stadt und unser Museum aufmerksam machen.“
Das Hauptziel der heurigen Grabungen war die weitere Freilegung des Forums – einem etwa 3 000 m² großen Baukomplex im Zentrum von Aguntum. „2010 haben wir mit den archäologischen Ausgrabungen am Forum begonnen und heuer die Freilegung des Nordtrakts fortgesetzt. Wir fanden Überreste von Löchern und Fundamente, an denen die Baugerüste und Holzkräne zum Hochheben von Baumaterial befestigt waren“, erklärte dazu Michael Tschurtschenthaler. Im nierenförmigen Keller seien keine Funde gemacht worden. „Die Funktion dieses Kellers bleibt deshalb weiter ungeklärt – er könnte vielleicht der Bevorratung oder dem Kühlen gedient haben“, so der Grabungsleiter.
Die Ausgrabungen im Bereich der Hauptstraße „Decumanus I Sinister“ waren schwierig, weil die originale Schichtung an vielen Stellen gestört war. „In manchen Bereichen reichte die Mure, die nach dem Ende Aguntums abgegangen war, bis zum anstehenden Schwemmkegel hinab. Trotz der Zerstörungen, die teilweise auch durch Raubgrabungen hervorgerufen wurden, ist es gelungen, den unterirdischen Hauptentwässerungskanal des nördlichen Stadtteils freizulegen. Über diesen Kanal wurden auch Therme und Badeanlage entwässert“, berichtete Tschurtschenthaler.
Mit den heurigen Funden konnte man nicht an das Rekordergebnis des Vorjahres mit über 20 000 Funden anschließen. Ein Bruchstück eines Keramikziegels mit dem Stempel „R+C.RUT“ gehört zu den bedeutendsten Funden der heurigen Saison. „Bisher wurden in Aguntum nur Ziegelstempel mit der Prägung LVZ gefunden. Der heuer entdeckte Ziegel dürfte aus einer Produktionsstätte der weiteren Umgebung von Bozen stammen“, so Tschurtschenthaler.
Außerdem wurden eine Gürtelschließe aus Bronze, eine Silbermünze für die Ehefrau des römischen Kaisers Alexander Severus, ein Spielstein aus Glas, mehrere Stücke des wertvollen Tafelgeschirrs „Terra Sigillata“, Bergkristalle und zahlreiche Stücke aus Keramik, Glas, Bronze, Eisen und Tierknochen gefunden. „Die Funde werden im Institut für Archäologien der Universität Innsbruck restauriert und danach wieder an den Fundort zurückgebracht – werden also im Museum Aguntum ausgestellt oder im hiesigen Depot gelagert“, so Michael Tschurtschenthaler abschließend.
Text: Raimund Mühlburger, Fotos: Univ. Innsbruck/Forschungsbereich Aguntum, Brunner Images